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Nation« nicht öffentlich schelten und bekennen darf. Wie will man 
aber, wo diese Geduld der Wahrheit in den Ohren und Herzen 
eines Volkes fehlt, wie will man zur Gerechtigkeit und Gesetzlichkeit 
gelangen, zu dem Zustande, welchen das unglückliche Volk, das sich 
des freiesten und menschlichen Staates würdig glaubt, jeden Tag 
so lautschreiend begehrt? 
So steht es denn fest: Leichtigkeit, Lebendigkeit, Heftigkeit, aber 
auch die gallische Unstetigkeit und Unruhe, der gallische Wankelmnth 
und Wechsel, ein leichtes Fassen und Ergreifen, aber auch ein leich- 
tes Loslassen. Sie sehen die einzelnen Dinge sehr geschwind, fassen 
das Einzelne, das Mannichfaltige auch leicht in ein bequemes Bün- 
del zusammen, fertig für den Gebrauch des Augenblicks; darum 
nennt man sie auch die »praktische Nation«, was sie auch sind, 
wenn man die leichte und bequeme Behandlung der gewöhnlichen 
Dinge des Alltaglebens meint. Aber beharrlichen Sinnes zu den 
Grundanfängen der Dinge hinabzusteigen, hier dauernde feste Kno- 
ten zu binden, und ein großes Ziel unverwandten Blickes festzuhal- 
ten: dazu fehlt es ihnen an der Tiefe des Geistes und Gemüthes. 
Es ist merkwürdig, daß der Franzose in dem Maße schlechter 
wird, als er sich von Hause entfernt. Das Ding, was er bei sich 
honneur und liormetete nennt, worunter er aber etwas ganz An- 
deres versteht, als was wir mit unserm deutschen »Ehre« und 
«Ehrbarkeit« bezeichnen, hält ihn daheim noch in leidlichen Schran- 
ken der Ordnung und Tüchtigkeit. Es ist gleichsam, als bedürfe 
er immer der Augen von Vielen und auch der Reizung durch Viele, 
um zur Redlichkeit angehalten, zur würdigen Thätigkeit angespornt 
zu werden. Er ist der geselligste der Menschen, der Mensch, der 
durch das Gefühl der Masse und Menge gehalten und getragen 
wird; in kleinen Haufen verkümmert er, einzeln zerbröckelt er sich 
in der Welt und verweht wie Sand. Geh nach Petersburg und 
Stockholm oder London, ja geh in die gesittete Welt hinaus, so 
weit sie ist, was siehst du? Du siehst die Deutschen allenthalben 
neben und unter den Fremden als Herren, die Franzosen als 
Diener. In Petersburg und Moskau leben an 40,000 oder 50,000 
Deutsche; in Stockholm nnd London leben mehrere Tausende der- 
selben; an denselben Orten gehen auch Franzosen zu Tausenden 
umher. Aber der Deutsche ist der große Kaufmann, der unabhängige 
tüchtige Handwerker, der Arzt, der Künstler, der Gelehrte, welcher 
mitherrscht und mitentscheidet: der Franzose aber springt fast durch- 
aus nur in den kleinsten Diensten und Geschäften des Lebens, in 
den untergeordneten Stellungen der bürgerlichen Ordnung herum: 
Sprachmeister, Tanzmeister, Haarkräusler, Käse-, Wurst- und 
Salbenkrämer, kurz Umherträger und Feilscher für den Schein 
und Putz und die Zierlichkeit des Lebens — aber kein Mensch der 
einzelnen Kraft, der persönlichen Selbstständigkeit. Dies offenbart
	        
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