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Ach, wo die Trieb sich Wege bahnt, Ja, wandern will ich immerdar
am Lorleifels, dem steilen, im Vogtland hin und wieder!
da möcht' im dunkeln Tannengrün Doch schließ ich einst die Pilgerfahrt
zu süßer Ruh' ich weilen! und leg' den Stab ich nieder,
Und strecken möcht' ich mich ins Dann ist, o Heimat, dies mein
Moos Wunsch
dort auf des Burgsteins Höhe und dies mein letzter Wille:
und möcht' den Winden anvertran'n Nimm du den müden Wandrer auf
all' meiue Lust, meiu Wehe! in deiner Waldesstille!
2. pie ältesten Bewohner des Vogttandes.
1. In der Zeit, da unser Heiland auf Erden wandelte, wohnte im
Vogtlande ein deutscher Stamm, die Hermunduren.
Im Laufe des fünften Jahrhunderts wurde der alte Name Herninn-
duren durch Thüringer ersetzt (Hermunduren = die mächtigen Düren,
Thüringer — die Nachkommen der Duren). Ihr Reich erstreckte sich vom
Harz bis zur Donau. Im Jahre 531 erlag das thüringische Reich in der
sagenberühmten Schlacht au der Unstrnt den Waffen der Franken und
Sachsen.
Im sechsten Jahrhundert wanderten in das östliche Deutschland die
Slaven (entweder von slava — Ruhm, oder vou slowo — Wort;
letzteres wahrscheinlicher, da die Slaven die Deutschen als njemec —
Stumme bezeichneten) ein. Sie waren aus der Urheimat iu Asien hinter den
Deutscheu hergezogeu iu die weiten Ebenen des heutigen Rußlands. Nun ließen
sie sich in den Stromgebieten der Weichsel, Oder und Elbe nieder. Ein Stamm
der Slaven, die Sorben genannt (entweder von serb = Sichelträger, oder
von srb — Volk), drang in das jetzige Sachsenland ein. Die fremden Ein-
Wanderer fanden auf unserm Boden nichts anderes vor als Feld und Wald und
die Einzelgehöfte deutscher Bewohner. Da sie mit Vorliebe Ackerbau trieben, so
legten sie zunächst feste Wohnplätze an. Bald entstanden in den srncht-
baren Thallandschaften der Elbe, Mulde, Elster und Saale kleine, freund-
liche Ruuddörfer oder „Rundlinge". Diese waren hufeisenförmig gebant und
besaßen meist nur eiueu einzigen Zugang; die Wege führten nur am Dorfe
vorbei, nicht hindurch. In der Mitte des Dorfes lag ein Anger mit einem
Teiche, um welchen rnndhernm niedrige Pfahlhütten errichtet waren. Jedes
Gehöft hatte seine Einfahrt von der Straße her und jedes Hans seinen
Giebel nach dem Anger zu. (Deutlich kann man dies z. B. noch in dem
Dorfe Zwoschwitz bei Plauen sehen.) Bewohnt wurden die einzelnen Dörfer
gewöhnlich von verwandten Familien, die zusammen ein Geschlecht bildeten
und vou einem Geschlechtsältesten geleitet wurden, nach welchem sehr oft das
Dorf seinen Namen erhielt. So gilt z. B. Mylau (myla — lieblich,
Milan — Liebling) als Absiedlung des Ulla und Ne tzfchkau als Wohnort
des Geschlechts Necicha (Netschig). Etwa 70 Ortschaften im sächsischen
Vogtlande verdanken ihre Entstehung den Sorben. Wir treffen aber solche
slavische Orte meist nur in den niederen Gegenden der Elster und ihrer
wasserreichen Nebenflüsse an, während in den höher gelegenen und Wald-
reichen Gegenden nur wenige Ortschaften mit slavischen Namen sich finden.