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gibt es Gruppen, welche sich mit lautem Geplauder unterhalten, andere
essen und schlafen hier, noch andere beschäftigen sich mit dem Lesen des
Korans oder hören den Vorträgen der gelehrten Ulemas zu. Auch
ein Schulmeister hat hier seine Stätte aufgeschlagen und versteht es,
unter seinen schreienden und lärmenden Schulbuben den Stock tüchtig
zu handhaben. Selbst große Scharen von Bettlern haben neben den
Kranken in der Säulenhalle hier ein Unterkommen gesunden.
Doch um die Stunde des Abendgebets ändert sich sofort die ganze
Szene. Dann wird der Boden mit großen Teppichen belegt und die
vielen Tausende der Pilger versammeln sich, ihr Angesicht der Kaaba
zugewandt, in weiten Kreisen um das Heiligtum. Vor dem Eingange
der Kaaba aber tritt ein I m a n auf und seine Kniebeugungen werden
von der zahlreich versammelten Menge getreulich nachgeahmt. Der
Lichtglanz von tausend Lampen, welche ringsum und unter den Säulen-
gängen brennen, erhellt dann den weiten Raum und verleiht dem Ganzen
den Ausdruck des feierlich Ernsten.
Mit einem Besuche nach Omrah, einem l1/2 Stunde von Mekka
entfernten Orte mit einer kleinen Kapelle und nach dem Berge Arafat
ist die Wallfahrt für die Pilger beendet. Nun werden große Handels-
geschäste und Einkäufe besorgt, worauf die Karawanen und Pilger sich
wieder in ihre Heimat begeben. Viele der Kamele sind während der
Zeit gestürzt, ihre Körper und Gerippe liegen um die Stadt zerstreut
und erfüllen dieselbe mit ihrem Gestanke. Aber auch gar mancher
Pilger ist zurückgeblieben. Erschöpft von der Reise, fanden viele hier
den Tod, während andere, durch Krankheit verhindert, der rückkehren-
den Karawane sich nicht anzuschließen vermochten. Da kann man sie
in den Säulengängen liegen sehen, mit dem Gesichte nach der Kaaba
gewendet, um im Anschauen der heiligen Stätte entweder zu genesen
oder zu sterben.
47. Die Beduinen*,
auch Kinder der Wüste genannt, bewohnen nicht allein ganz
Arabien, sondern auch Syrien und Mesopotamien, Teile von
Persien, Ägypten, der Berberei und selbst der Ostküste Afrikas.
Die meisten Beduinen führen ein umherschweifendes Hirtenleben. Durch
die Gefahren der Wüste, durch die Glut der Sonne, durch Wirbelwinde
und Kämpfe mit feindlichen Stämmen werden sie fortwährend ab-
gehärtet, so daß diese hagern, stolzen Gestalten vielleicht die stärksten
und dabei genügsamsten Menschen der Erde sind.
Die Farbe des Beduinen ist schwarzgelb, sein Haar schwarz und
dick, das Auge dunkel und seurig, die Nase dem Adlerschnabel ähnlich;
sowohl die Gesichtszüge als der Körper sind wohlgebildet. Seine Klei-
düng besteht aus einem groben wollenen Hemde, welches durch einen
Gürtel um die Lenden zusammengehalten wird; ein weißer wollener
* Nach Burckhardt und „Almanach für dtc Jugend".