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sie deshalb auch stets in gutem Benehmen unterrichten und ihnen die
Regeln des Auslandes und der Höflichkeit beibringen.
Das erste Schulbuch, dessen sich die Chinesen bedienen, ist eine
Zusammenstellung aus allerlei Wissenschaften. Das Buch beginnt mit
der Natur des Menschen, sowie mit der Notwendigkeit und den
Methoden der Erziehung. Die Wichtigkeit der kindlichen und brüder-
lichen Pflichten wird dann eingeschärft durch Vorschrift und Beispiel,
und darauf folgt eine Übersicht der verschiedenen Zweige des Wissens
in aufsteigender Reihenfolge nach den verschiedenen Hauptzahlen: die
drei großen Mächte (Himmel, Erde nnd Mensch), die vier Jahreszeiten,
die vier Himmelsgegenden, die fünf Elemente (Metall. Holz, Wasser,
Feuer, Erde), die fünf Hanpttugenden (Liebe, Gerechtigkeit, Schicklich-
keit, Weisheit, Wahrheit), die sechs Arten des Getreides (Reis, Gerste,
Weizen, Bohnen, Hirse und eine Art Korn), die sechs Haustiere
(Pferd, Ochs, Schaf, Geflügel, Hunde, Schweine), die sieben Leiden-
schasten (Liebe, Haß, Freude, Betrübnis, Lust, Zorn und Furcht),
die acht Noten der Musik, die neun Grade der Verwandtschaft, die
zehn bürgerlichen Pflichten (zwischen Fürsten und Minister, Vater und
Sohn, Mann und Weib, älteren und jüngeren Geschwistern und
Freunden). Auf diese Übersicht folgt eine Übersicht der allgemeinen
Geschichte Chinas, nebst einer Aufzählung von regierenden Fürsten
des Reiches. Das Werk schließt mit Beispielen nnd Beweggründen
zum Lernen, gezogen aus dem Verhalten der alten Weisen und Staats-
niänner. Der Stoff ist zu trocken; der jugendliche Geist kann ihn zu
seiner Belehrung nicht in sich ausnehmen; die Entwicklung des Denk-
Vermögens bleibt bei solchem Ünterricht ganz außer acht; nur mechanisch
nehmen die Kinder diesen Vorrat des Wissens in ihr Gedächtnis auf.
Die Methode, um das Lesen zu lehren, ist folgender: das Buch wird
aufgeschlagen und der Lehrer fängt ohne weiteres an zu lesen. Die
Schüler, deren jeder sein Bnch vor sich hat, sprechen dem Lehrer
Wort für Wort nach, die Augen unverwandt aufs Buch gerichtet und
mit dem Zeigefinger dem Worte folgend. Es wird nur eiue Zeile
gelesen und diese so lange wiederholt, bis die Schüler sich die Aus-
spräche eines jeden Zeichens gemerkt haben und ohne den Lehrer die
Zeile -lesen können. Nun müssen sie dies auswendig lernen. Das
tun sie mit lauter Stimme, indem sich jeder seine Aufgabe so lange
vorschreit, bis sie sich seinem Gedächtnis eingeprägt hat. Wer damit
fertig ist, geht zum Lehrer hin, legt sein Buch vor demselben auf den
Tisch, kehrt ihm den Rücken und sagt so seine Aufgabe her. Dann
geht der Lehrer an die nächste Zeile und macht so fort, bis das ganze
Buch auswendig gelernt ist. Was für ein Lärm in einer chinesischen
Schule stattfindet, wenn einige zwanzig Schüler zusammenschreien, läßt
sich leicht denken. Für europäische Begriffe ist schon dies etwas
sehr Widerliches, noch mehr aber der geistlose Mechanismus des
Unterrichts, wodurch der Geist vielmehr abgestumpft wird, als daß