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39. Gin Cag unter dem Äquator.*
Wie glücklich bin ich hier, wie tief und innig kommt hier so manches
zu meinem Verständnisse, das mir vorher unerreichbar stand! die
Heiligkeit dieses Ortes, wo alle Kräfte sich übereinstimmend vereinen,
zeitiget Gefühle und Gedanken. Ich meine besser zu verstehen, was
es heiße, Geschichtsschreiber der Natur zu sein. Ich versenke mich
täglich in das große und unaussprechliche Stillleben der Natur, und
vermag ich auch mcht, es ganz zu erfassen, so erfüllt mich doch die
Ahnung seiner Herrlichkeit mit nie gefühlter Wonne. Es ist drei
Uhr morgens; ich verlasse meine Hängematte, denn der Schlaf flieht
mich Aufgeregten; ich öffne die Läden und sehe hinaus in die dunkle,
hehre Nacht. Feierlich flimmern die Sterne, und der Strom glänzt
im Widerscheine des untergehenden Mondes zu mir herüber. Wie
geheimnisvoll und stille ist alles um mich her! Ich wandle mit der
Blendlaterne hmaus in die kühle Veranda und betrachte meine trauten
Freunde: Bäume und Gesträuche, die um die Wohnung her stehen.
Manche schlafen mit dicht zusammengelegten Blättern, andere aber,
die Tagschläfer sind, ragen ruhig ausgebreitet in die stille Nacht auf:
wenige Blumen stehen geöffnet; nur ihr süß duftenden Paullinien-
Hecken begrüßet mit feinstem Wohlgeruche den Wanderer, und du
erhabene, düsterschattende Manga, deren dicht belaubte Krone mich
gegen den Nachttau schützet. Gespensterhast flattern große Nacht-
schmetterlinge um die verführenden Lichter meiner Laterne. Immer
stärker durchnäßt der Tau die frisch aufatmenden Wiesen, und die
Nachtluft legt sich feucht auf die erwärmten Glieder. Eine Zikade,
die im Hause wohnt, lockt mich mit heimischem Gezirpe wieder hin-
ein und leistet dem glücklichen Halbträumer Gesellschaft, der den Tag
erwartet, vom Gefumfe der Moskiten, den paukenähnlichen Schlägen
eines Ochsenfrosches, oder dem klagenden Ruf des Ziegen-
melkers wach erhalten. Um fünf Uhr seh ich ringsum den Morgen
dämmern; ein feines gleichmäßiges Grau, mit Morgenrot verschmolzen
und davon erheitert, umzieht den Himmel; nur der Scheitelpunkt ist
dunklem Die Formen der Bäume treten näher und näher, der Landwind,
der im Osten aufsteht, bewegt sich langsam; — schon schimmern rosen¬
rote Lichter um die Gipfel der Bäume. Die Zweige, die Blätter regen
sich; Käfer fliegen, Mücken summen, Vögel rufen, Affen klettern schreiend
ins Dickicht zurück; die Nachtschmetterlinge suchen, lichtscheu taumelnd,
ihre Waldnacht wieder; auf den Wegen regt sich's, die Nachttiere laufen
ins Gemäuer zurück, und die hinterlistigen Marderarten schleichen sachte
vom Geflügel, dem der prunkende Haushahn den Morgen ausruft.
Immer heller wird's in der Luft; — der Tag bricht an; eine
unbeschreibliche Feier liegt über der Natur; wie rote Blitze leuchtet
der Sonnenrand; jetzt steigt die Sonne empor, — in einem Nu ist
' Martius.
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