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beisammen, hoch ist das Gras Zwischen ihnen aufgeschossen, auch Bam-
busgebüsch hat sich dazu gesellt mit seinen kerzengeraden und schlanken
Stämmen und mit dem zarten Grün seiner Blätter. Ringsum sind
Felder und weit drüben landeinwärts ist wieder ein anderes Stück
Wald. Manchmal sind auch die Bäume zu einer Gruppe vereinigt
um ein Grab herum.
Das ganze Land ist mit Gräbern erfüllt; die Hälfte von China
ist ein großer Kirchhof; denn sämtliche Tote begräbt der Chinese auf
seinem Acker. Der Bauer muß mit seinem Pflug um die Grabhügel
herumpflügen; es ist gar nicht zu schätzen, wieviel Boden durch diese
Gräber der Landwirtschaft verloren geht. Auch bei Anlegung von
Eisenbahnen bereiten diese Gräber den Bauunternehmern große Schwierig-
leiten, weil der Chinese nur bereit ist, für eine hohe Entschädigung die
Ruhestätte seiner Vorsahren an die Bahn abzutreten. Ist dies ge-
schehen, dann wird der Sarg mit der Leiche aus der Gruft gehoben
und auf eiuer andern Stelle des Ackers aufs neue beerdigt. — Wären
die Gräber nicht, so wäre die Umgebung von Kiautschou eine deutsche
Landschaft. Das Grün der Äcker und Wiesen ist deutsch, und deutsch
sind die Weiden, welche die Ufer der Wasserläufe einsäumen. In dieser
deutschen Landschaft entfaltet sich das chinesische Landleben. Auch die
Bauern und Bäuerinnen, welche in ihren blauen Kitteln auf dem
Felde arbeiten, sehen von fern aus wie die unseren, und die gelben
Gesichter, welche von der Sonne und der Lust gebräunt sind, gleichen
den gebräunten Gesichtern der Landleute im Westen. An Arbeitskrästen,
Tagelöhnern, ist hier kein Mangel. Fremdartig sind die Büffel, die
hier als Ackertiere dienen; geduldig ziehen sie den Pflug von uralter
Form. Der Boden, den die Pflugschar aufwirft, ist schwarz und
fettig; auf ihm werden unsere Getreidearten gebaut, die eine vorzüg-
liche Ernte liefern. Der Sumpfboden wird nur zum Reisbau benutzt.
Der Pflug, welcher über die Reisfelder geht, wird nicht hinten gelenkt,
sondern der Bauer steht auf dem Pfluge selbst, der hier eine flache
Form hat. Neben dem Reis und dem Korn wachsen die niedrigen
Stauden der Baumwolle; auch gewahrt man auf den Feldern die weißen
Blüten unserer Kartoffel.
Das geschnittene Korn wird nach Hause getragen. Die Träger
haben den dicken Bambusstab über der Schulter, an welchem die Chi-
nesen alle Lasten tragen; ein Getreidebündel hängt vorn, ein zweites
hinten an dem Stabe. Auch die Frauen tragen ihre Arbeitsgeräte auf
den Schultern. Wenn es des Abends nach Hause geht, folgen die ge-
duldigen Büffel den Arbeitern und tragen in aller Ruhe die chinesischen
Kinder auf ihrem Rücken. — Des Morgens werden die Enten auf
die Weide getrieben. In langer Reihe, eine hinter der andern, watscheln
sie auf dem schmalen Weg hin. Der Hirt geht nebenher uud hält
mittelst einer langen Gerte das geflügelte Volk in Zucht und Ord-
nnng.