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aus Fellen bestehend, die zur Regenzeit mit der rauhen Seite auswendig,
bei gutem Wetter aber umgekehrt liegen. Das oberste Fell ragt auf
allen Seiten etwas vor und bildet so ein Vordach, unter welchem man
Vorräte und dergleichen aufbewahrt. Unten find die Felle mit Steinen
beschwert, und etwaige Öffnungen werden mit Moos verstopft. Der
Eingang ist mit einem Vorhang aus den zarten Häuten der Dürnie
versehen, der auch zugleich als Fenster dient. Jur Innern befinden sich
Pritschen, Bretter, die aus Klötzen ruhen. Oft wohnen zwanzig Menschen
in einem solchen Zelte. Die Winterwohnungen sind viel größer, als
die Sommerzelte. Man erbaut sie gern an hohen Stellen, damit das
Schneewasser desto besser ablaufen kann. Die äußere Wand ist eine
Mauer, aus Steinen, über 1 Meter dick, zusammengesetzt und mit Erde
und Rasen verkittet. Auf der Mauer ruht der Länge nach ein Balken,
der im Innern durch Pfosten gestützt wird. Über diesen Balken gehen
Querbalken, deren Zwischenräume mit Holz und Heidekraut belegt sind.
Daraus liegt Rasen, der noch mit Erde überschüttet ist. Das Ganze
wird mit alten Zelt- oder Bootssellen bedeckt. Es wohnen gewöhnlich
mehrere Familien in einem Hause; jede derselben hat ihre besondere,
durch ausgespannte Felle getrennte Abteilung. An der Seite des Hauses,
an der sich der Eingang befindet, sind einige viereckige Fenster von
sauber genähten Därmen; unter denselben befindet sich eine Bank, auf
welcher die Fremden sitzen und schlafen; dieser Teil des Hauses stellt
also das grönländische Gastzimmer vor. Jede Abteilung hat ihre be¬
sondere Feuerstelle; dies ist eine auf einen Schemel gestellte Lampe;
darin brennt beständig Seehundsspeck mit Moos, und sie erhellen nicht
allein jede Abteilung, sondern heizen sie auch, und die über ihnen in
steinernen Kesseln hängenden Speisen werden dabei gekocht. Über dem
Kessel ist ein Rost von hölzernen Stäben zum Trocknen der Kleider
und Stiefel angebracht. Den Eingang bildet ein kleines Vorhaus, 4
bis 5 Meter lang, aher so niedrig, daß man auf Händen und Füßen
hineinkriechen muß. Dieser lange Gang hält, obgleich er ohne Thür
ist, die Kälte ab; zugleich ist er die einzige Öffnung, wodurch der
Lampendunst abziehen und etwas frische Luft hineinziehen kann. Man
denke sich nun die Ausdünstungen der vielen Menschen, die in einer
solchen Wohnung gemeinschaftlich hausen, den Dunst der kochenden, halb
verfaulten thranigen Speisen, die herrschende Unreinlichkeit, und man
wird sich nicht wundern, daß der Europäer den Geruch in einer solchen
Wohnung unerträglich findet. Neben den Wohnhäusern befinden sich
Vorratshäuser und die Fahrzeuge, welche umgekehrt auf Pfühlen ruhen
und unter welchen das Jagdgerät und das Fellwerk verwahrt wird.
Im September bauen die Grönländer ihre Winterhäuser, oder bessern
die alten aus; zu Ende des Monats zieheil sie ein, im April oder Mai
wieder aus und schlagen jubelnd ihre Zelte auf.
^»agd ist die Hauptbeschäftigung des Grönländers, und da bei ihnen
nur wenige Landtiere sind, so ist die See ihr Element.