Full text: Deutsche Geschichte (Teil 2)

112. Der Deutsch-französische Krieg. 1870—1871. 405 
Bunde angehört, war jetzt noch Mitglied des Zollvereins, und seine 
Hauptstadt war als frühere Bundesfestung noch von Preußischen Truppen 
besetzt. Die Meinung des deutschen Volkes, des norddeutschen Reichs- 
tages und des Königs war unbedingt gegen die Abtretung des deutschen 
Landes, und Bismarck trat dem geplanten Handel aufs schärfste ent- 
gegen. Nun stellte Napoleon die Forderung, Preußen solle seine 
Besatzung aus der Festung Luxemburg herausziehen, weil durch die 
Auflösung des Deutschen Bundes Luxemburg aufgehört habe, „Bundes- 
sestung" zu sein. So drohte bereits ein Zusammenstoß mit Frankreich. 
Doch Bismarck wollte einen Krieg nur führen, wenn das klarste Recht 
auf Preußens Seite wäre, und das war hier nicht der Fall. Deshalb 
gab er seine Zustimmung dazu, daß die Frage einer Beratung der 
Großmächte in London überwiesen wurde. Auf dieser gelang es, 
eine Verständigung herbeizuführen. Frankreich verzichtete auf die Er- 
Werbung des Landes, während Preußen sein Besatzungsrecht aufgab. 
Luxemburg wurde für „neutral" erkärt und die Festung geschleift 
(1867). Aber für Napoleon war dies ein sehr unzureichender Erfolg. 
Nur ein siegreicher Krieg konnte ihm das alte Ansehn zurück- 
geben und seinen wankenden Thron befestigen. Deshalb suchte Napoleon, 
schon 1869 mit Oesterreich und Italien ein Bündnis zum gemein- 
tarnen Angriff gegen Preußen zu schließen. Die französische Armee 
wurde verstärkt, besser bewaffnet und vor allem mit dem weittragenden 
Chaffepotgewehr ausgerüstet; auch Oesterreich rüstete. 
b. Der Vorwand zum Kriege. Ein neuer Krieg stand vor 
der Tür; der Vorwand dazu war bald gefunden: Die Spanier hatten 
ihre sittenlose Königin Jsabella vertrieben und boten die Krone ihres 
Landes dem Prinzen Leopold von Hohenzollern an. Dieser Prinz 
gehörte dem süddeutschen, katholischen Zweige des Hauses Hohenzollern 
an, das seine Lande 1849 dem preußischen Hause freiwillig unterstellt 
hatte. Nach längerem Zögern erklärte Prinz Leopold seine Bereitwillig- 
feit, die Krone anzunehmen, teilte diesen Entschluß dem Könige 
Wilhelm von Preußen, dem Oberhaupte der Familie, mit und erhielt 
dessen Genehmigung. Dagegen erhob sich in Frankreich ein 
Sturm der Erregung. Napoleon III. ließ durch seinen Minister er- 
klären, Frankreich dürfe es nicht dulden, daß ein preußischer Prinz den 
spanischen Thron besteige. Der französische Gesandte in Berlin, Graf 
Benedetti, kam nach Bad Ems, wo sich König Wilhelm zur Kur 
aufhielt, und verlangte von ihm, er solle dem Prinzen Leopold die 
Annahme der spanischen Krone verbieten. Der König erklärte, dazu habe 
er kein Recht. Um Deutschland nicht in einen Krieg zu verwickeln, verzichtete 
der Prinz freiwillig auf die spanische Krone. Aber das war den Franzosen 
nicht genug: der Gesandte Benedetti wurde beauftragt, vom König Wilhelm 
die bestimmte Versicherung zu verlangen, daß er auch in Zukunft eine Be¬ 
werbung des Prinzen um den spanischen Thron nicht zulassen werde. Der 
König wies den Gesandten mit seiner beleidigenden Forderung ab und ließ 
ihm durch seinen Adjutanten mitteilen, daß er ihm nichts weiter zu sagen habe. 
In Paris aber erklärte man die Weigerung des Königs als eine Be- 
leidigung und beschloß den Krieg gegen Preußen. Am 19. Juli wurde 
die französische Kriegserklärung in Berlin überreicht.
	        
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