Contents: Ausgewählte Abschnitte der Weltgeschichte, Einführung in die geschichtliche Lektüre (Teil 7)

Anhang. 
Die geschichtliche Lektüre. 
„Wenn ich lese, will ich mich sammeln." 
Goethe. 
Kannst du lesen? Die Frage klingt absonderlich, ist es aber nicht. 
Denn lesen heißt für den denkenden Menschen nicht: mit den Augen 
oberflächlich über die Zeilen fahren, sondern: geistig sammeln, „auf¬ 
lesen", was die Worte, die Sätze an fremden Gedanken umschließen. 
Diese recht auf sich wirken zu lassen, sie in sich aufzunehmen und zu 
würdigen, um eigene Gedanken daraus zu gewinnen, ist die 
Aufgabe der Lektüre, d. H. Lesung. Richtiges Lesen soll uns also 
über den Buchstaben stellen, nicht unter ihn. In diesem SiNne 
sagt Lichtenberg: „Lasse dicht von deiner Lektüre nicht beherrschen, 
sondern herrsche über sie!" 
Lesen ist gleichsam eine Kunst, und diese Kunst will wie jede an¬ 
dere gelernt und geübt sein. Wohl dem, der zu ernster Lektüre greift, 
der im Lesen nicht Zeitvertreib sucht, sondern geistige Bereicherung! 
Es geht mit der Lektüre eines klassischen Buches, wie mit dem An¬ 
schauen eines Kunstwerkes, etwa eines Gemäldes: wie bildet und 
veredelt es den Geist! Auch ohne daß man sich gerade zu sagen vermag, 
worin seine Schönheit im einzelnen beruht, wodurch es im besonderen 
wirkt, erhebt es uns unvermerkt zu höheren Empfindungen. Das 
gilt ganz besonders auf dem Gebiete der Geschichte, und darum 
bedenke wohl das Wort von Rückert: „Was nicht zweimal lesenswert, 
das ist nicht einmal lesenswert!" 
Doch wie soll nun im einzelnen gelesen werden? Damit die 
Lektüre der Geistesbildung wirklich förderlich sei, muß Methode 
in ihr sein, d. H. sie hat sich nach bestimmten, durch die Erfahrung 
erprobten R e g e l n zu richten. Als hauptsächlichste beachte folgende: 
1. Lies mit Aufmerksamkeit und in Ordnung. 
Richte deine Gedanken ganz auf das Buch. Nicht naschen und nippen, 
sondern ernten! Lesen ist studieren, und lernen können wir nur durch 
Aufmerken. Zerstreutheit und Oberflächlichkeit vertragen sich nicht 
mit dem Ernste eines Buches, aus dessen Blättern Klio, die hohe 
Muse der Geschichte, zu uns redet.
	        
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