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II. Das Deutsche Reich.
Wir haben nun alle deutschen Länder einzeln der Reihe nach durchwandert;
es ist daher endlich am Platze, uns nach der Einheit umzusehen, welche diese zer-
streuten Glieder (disjecta membra) zu einem Leibe zusammenfaßt. Gottlob! können
wir sagen, diese Einheit ist in politischer Beziehung seit dem I. 1870 wirklich vor-
Händen; das deutsche Reich, das Jahrhunderte mit Kaiser Rotbart im Kyffhäuser
ruhte, ist unter Kaiser Wilhelm dem Weißbart wieder auferstanden, — er und die
deutschen Fürsten und das deutsche Volk haben es mit Gottes Hilfe in jeneni großen
Kriegs- und Siegesjahr wieder aufgerichtet.
Das Deutsche Reich als ganzes.
§ 225. Bleiben wir zunächst bei den natürlichen, geographischen Verhält-
nisten, so müssen wir sagen: auch in dieser Beziehung bildet das Deutsche Reich,
ungeachtet großer Mannigfaltigkeit, ein so einheitliches Naturganzes, wie wenig
andere Länder. Hier wollte die Hand, welche die Welt schuf und ordnete, eine be-
sonders wohlgestaltete Heimat für eine Nation bilden.
Freilich mag man bedauern, daß Länder, die, sowohl ihrer Natur nach, als
zufolge der Abstammung und Sprache ihrer Bevölkerung, zum Deutschen Reich
gehören sollten und auch früher dazu gehört haben, von demselben — durch die
Erbfehler der Deutschen, ihre Uneinigkeit und Träumerei — abgerissen worden sind.
Dies sind die 2 Länder in seinem Süden und Westen: die deutsche Schweiz, mit dem
Ursprünge des herrlichsten deutschen Stromes, und die Niederlande mit den Mündungen
desselben. Man mag auch bedauern, daß der Zwang der Thatsachen Osterreich mit
seinem Anteil am Mittelmeer und seinen biederen, kräftigen deutschen Stämmen von uns
getrennt hat. Statt darüber müßig zu spekulieren, danken wir für das, was wir haben!
Das Deutsche Reich ist doch das Land der Mitte, das Herz Europas.
Es reicht im Norden, mit Hannover, Oldenburg und Holstein, bis an die
Nordsee, andrerseits wieder mit Holstein, Mecklenburg und Preußen an die Ostsee.
Im Süden erstreckt es sich bis zum Rhein — Bodensee und den bayrischen Alpen.
So umfaßt es, vou N. nach S. 130 M. oder 960 km lang, uud von W. nach O.
118 M. oder 886 km breit, eine im S.-O. durch Böhmen eingebuchtete, im N.-O.
wie mit einem Halse nach Rußland vorgestreckte viereckige Ländermasse von 9816 Q.-M.
oder 540 518 qkm, hat somit nach Rußland, Skandinavien uud Österreich die
größte Fläche unter allen Staaten Europas.
Es ist zwischen Frankreich (samt Belgien und Holland) im Westen, Rußland
und Österreich im Osten gelegen, und erstreckt sich nordsüdlich von Dänemark bis
zur Schweiz und Österreich. Mit England und Norwegen wird es durch die Nordsee,
mit Schweden durch die Ostsee am nächsten verbunden.
Zwischen der romanischen, slavischen, skandinavischen und englischen Welt bildet
somit Deutschland die Vermittlung. Seine Stellung ist aber nicht die des Herrschers;
es soll in friedlicher Weise die Gegensätze ausgleichen und mäßigen.
§ 226. Deutschlands Wodengestaltung umfaßt in eigentümlicher Weise die
drei Hauptformen des Hochgebirgs, des Berglands und des Tieflands.
Es zerfällt nämlich in Ober- und Nieder-Deutfchland, von welchen jenes teils
Alpenland enthält, teils, und in noch ausgedehnterer Weise Mittelgebirgsland,
das Land der reichsten Erzeugnisse, vor allem des Ackerbaus. Dasselbe besteht aus
einem reichen Wechsel Wald- und erzreicher Gebirge uud wohnlicher Gaue, besäet