Das Deutsche Reich als ganzes.
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mit Dörfern wohlhabender Landleute, und mit Städten, die mittelst großer Bahn-
netze verbunden, Zum Teil große Handelsmittelpnnfte und bedeutende Kulturstätten
sind. Im Süden hat es vorherrschend Hochebenen und Kesselbildung, während es
nach Norden Keile ins Tiefland hineinschiebt.
Dieses Tiefland, früher Meeresboden, geteilt in die Westdeutsche und oft-
deutsche Ebene, scheint wohl sehr prosaisch; aber nicht nur breiten sich da nnab-
sehbare Fruchtflächen aus, wahre Kornmagazine für fremde Länder, sondern am
Meere entwickelt sich die Beschäftigung mit einem neuen Element, der Schutz des
Strandes gegen die Flut, die Fischerei und der großartige Seehandel in Welthandels-
Plätzen an den Mündungen der Hauptströme.
§ 227. Das Ausgezeichnete dieser Bodenbildung ist nun, daß die drei Natur-
gebiete des Landes, der Norden, die Mitte, und der Süden, in ihrer ganzen Er-
strecknng von W. nach O. vollständig aus je einer der 3 Hauptbodengestalten be-
stehen: der Süden erhebt sich zum Hochgebirge, die ganze große Mitte ist vom
Mittelgebirgsland erfüllt, der Norden sinkt zum Tieflande herab. — Wir können
hiebet nicht umhin, als große Wohlthat zu erkennen, daß diese Anordnung nicht in
die entgegengesetzte Lage gestellt ist. Wäre das Hochgebirge im Norden uud das
Tiefland im Süden, so würde der Gegensatz zwischen Nord- und Süddeutschland
ein höchst schroffer geworden sein. Der Norden wäre zum wenigsten ein deutsches
Norwegen. Ebenso wäre ein südliches Tiefland ein Niederungarn oder ein Südruß-
land geworden, d. h. eine sommerdürre Steppe, ein Viehherdenland für Nomaden.
So aber gleicht sich die geringere Kälte des Schneegebirges bei feiner südlichen Lage
mit der geringeren Wärme des Tieflandes bei deffen nördlicherer Lage so ziemlich
aus, daher in allen Gebieten Landwirtschaft (mit Viehzucht) die Grundlage des
Völkerlebens werden konnte.
Dem Alpenge birgs lande gehört nur Süd-Bayern mit dem nörd-
lichen Kalkalpenzuge an.
Die für die gedeihliche Entwicklung der Völker förderlichste Bodengestalt, das
Stufeulaud der Mittelgebirge, hat in Deutschland weitaus den größesten
Raum erhalten. Von Lothringen an bis zur Ostgrenze Schlesiens ist das ganze
innere Deutschland lauter Mittelgebirgsland, mit einer Menge größerer und kleinerer
Bergketten, mit Massengebirgen, Hochländern und Thälern. Eine unendlich reiche
Mannigfaltigkeit, jedoch kein systemloses Gewirre, sondern nach wenigen großen
Zügen gegliedert.
Die Hauptscheide zwischen dem Hochgebirge und den Mittelgebirgen Deutsch-
lands macht die Donau mit ihrem merkwürdigen Ostlaufe. Dies hat zur Folge,
daß unter allen Alpenflüssen nur der Eine Hauptstrom im Westen Deutschlands,
der Rhein, der großen Nordsenkung Deutschlands von den Alpen zum Meere folgen
kann. Alle übrigen Alpenströme nimmt die Donau auf, und wird dadurch gleichsam
selbst zum Alpen-, nämlich Ost-Alpenstrom.
Der Rhein allein also begleitet ein System von Mittelgebirgen von den Alpen
an bis zum Tieflande. Die übrigen deutschen Ströme alle entfließen den Mittel-
gebirgen, die Ems, die Weser, die Elbe, die Oder; nur die beiden mittleren aber
sind eigentliche Gebirgsflüsse, und begleiten und durchbrechen, wie der Rhein, größere
Gebirgssysteme. So besteht das deutsche Mittelgebirge vorherrschend aus Rhein-
gebirge, Wesergebirge, Elbegebirge, wozu noch das Juragebirge kommt.
Das Fichtelgebirge, dieses kleine Masfengebirge, nimmt, trotz seines