310 V. Belgien.
hält, ist Belgiens Mitte, das Hügelland, ein treffliches, fruchtbares, schön angebautes,
auch mit Waldungen wechselndes Land, voll wohlhabender Ortschaften. Im süd-
lichen Drittel des Landes sieht es freilich weniger freundlich aus; es ist von dem
rauhen Schiefergebirge der A r d e n u e n (Arduenna silva) ausgefüllt, das zwar keine
Bergketten enthält, vielmehr nur ein dichtbewaldetes wildes, von vielen Gewässern,
der Maas und ihren Zuflüssen (Sambre, Ourthe), in steilhängigen oft felsigen
Thälern durchschnittenes Hochland ist. Die höheren Erhebungen, bis 500 und
600, im äußersten S.-O. an 700 m hoch, sind abgeflachte, oft waldige, oft morastige
Rücken und Wulste. Der wilde Anblick des Gebirges wird jedoch durch das Laubholz ge-
mildert. Die größten Waldungen sind ganz im S. zwischen Bouillon, Arlou und
der französischen Grenze. Hier haust noch der Wolf und das Wildschwein. Die
rauhesten Striche der Ardeuuen sind weiter landeinwärts, die verrufenen Gegenden
von St. Hubert, Bastogne und Neufchateau, und das hohe Veen (Haute Fagne),
wo meilenweit kein Baum noch Strauch zu sehen ist. Dagegen prunkt die Thalgegend
der Maas mit Wiesen und Feldern; und auf den Bergweiden gedeiht das Schaf
mit der seidenartigen Wolle, welche die belgischen Tücher so berühmt macht.
Den Hauptwert aber für Belgien haben die Ardennen durch ihren nnermeß-
lichen Reichtum an Steinkohlen und Eisen; dann geben sie auch Blei, Kupfer,
Zink, Alaun, schönen Marmor ?c. Der Kohlenbau in den den Ardennen nördlich
vorgelagerten Kohlenflözen wird schon an 800 Jahre und gegenwärtig auf 300 Gruben
betrieben, und liefert jährlich 15 Mill. Tonnen (der Bezirk von Möns allein 3U
davon), fast soviel als ganz Frankreich; die tiefsten Gruben steigen bis gegen 700 m
unter- die Meeresfläche hinab. Zudem steuert das Gebirge noch Holz für die Industrie,
den Torf liefert das Flachland. — Nur Salz fehlt Belgien, es wird aus England
und Frankreich bezogen. Aber ein berühmtes Bad hat es: Spa a im O. des Landes,
in rauher Felsengegend an dem Hohen Veen, ein Stahlsanerbrnnnen mit 15 andern
Quellen.
Belgien erzeugt eine große Menge Getreide, vorzüglich Weizen, dann vor-
trefflichen Flachs und Hans für seine weltberühmte Linnen-Industrie u. s. w., auch
viel Obst. Dagegen fehlt ihm der Wein. Es hat in einem großen Teile treffliche
Wiesen, die schönsten in Flandern, daher auch starke Viehzucht, namentlich treffliche
Zugpferde. So gehört Belgien zu den von der Natur aufs reichste ausgestatteten
Ländern.
§ 294. Beschäftigung der Bewohner. Vor allem haben die Be-
wohner viel für den Boden gethan. Viele Heiden, viele Sand- und Moorstrecken
sind in fruchtbare Äcker und Viehweiden umgeschaffen, und wo ergiebiger Boden und
Marschen sich ausbreiten, hat man durch den trefflichen Anbau den größten Ertrag
erzielt. In den Schelde-Provinzen, Flandern, Südbrabant, Antwerpen herrscht aus-
gezeichnete Landwirtschaft, da hat man die besten Ackerwerkzeuge; bekannt ist ja
der „Brabanter Pflug" und der „Flandrische Pflug". Das Land gleicht dort einer
unendlichen Menge von Gärten; denn alle Felder und Wiesen sind mit Bäumen,
Hecken und Gesträuchen eingefaßt, und alle Wege und Ufer mit Bäumen bepflanzt; .
anmutig zerstreut liegen die Meierhöfe umher. Auch das Klima ist besser als in
Holland; nur in den Polderländern herrscht noch die feuchte, vielneblige Lust mit
Fiebern, sonst ist es gesund und angenehm, außer im rauhen Gebirge. — Ebenso
ist das Gewässernetz Belgiens reichlich und günstig: 1730 1cm schiffbare Flüsse und (29)
Kanäle. Es sind neben der Wer zwei Hauptflüsse, die schiffbar aus Frankreich eintreten, im