Full text: Lesebuch der Erdkunde

Gewässer. 
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Ebenso weist der Reichtum fast aller europäischen Gebirge an nutzbaren Erzen, 
sowie an Salz und an Heilquellen nnd an andern notwendigen Mineralien, 
auf die allgemeine Bewohnbarkeit und Kultivierung Europas hin. 
§ 490. Ein gleicher Reichtum ist Europa in seinen Strömen (und Seen) 
verliehen, diesen wohlthätigen Sammelbehältern für die Fruchtbarkeit der Länder und 
den Verkehr der Völker. Am meisten bevorzugt durch reichliche, wohlverteilte und 
schiffbare Gewässer ist England, dann Rußland, auch Frankreich, Deutsch- 
land, Skandinavien; weniger die drei südlichen Halbinseln, wo daher der Fleiß der 
Bewohner vielfach durch kunstvolle Verteilung des geringeren Wasserschatzes geholfen 
hat; sowie in Holland die Überfülle desselben die Bewohner zu der Anlage fast 
übermenschlicher Wasserwerke drängte. 
Merkwürdig ist die Verteilung der Gewässer nach den zwei verschie- 
denen Hauptmeeresgebieten Europas, dem Atlantischen Ozean und dem Mit- 
telmeere. Auf der Iberischen Halbinsel, in Frankreich und in Deutschland sehen wir 
wunderbarerweise je vier Hauptströme dem Ozean zu gerichtet, und nur einen 
nach dem Binnenmeer: 
Iberische Halbinsel: Duero, Tajo, Guadiana, Guadalquivir, — Ebro. 
Frankreich: Gironde, Loire, Seine, 
(Rhein) mit Maas, Mosel, — Rhone. 
Deutschland: Rhein, Weser, Elbe, Oder, — Donau. 
In West- Europa herrscht also die Richtung nach dem Weltmeer, somit auch 
nach Amerika weit vor; in Ost-Europa dagegen sind — neben der bis zum Schwarzen 
Meer hinausgerückten Donau — alle Ströme nach dem Mittelmeer und Schwarzen 
Meer zu gerichtet. 
Die Alpen bezeugen ihre Stellung als das Z e n t r a l g e b i r g e Europas 
auch in ihren Strömen, indem von ihnen vier derHauptströme Europas nach 
den verschiedenen Weltgegenden abfließen: Rhein, Rhone, Po und Donau (durch 
Jller, Lech, Isar, Inn ic.). — In Rußland dagegen finden wir ein umgekehrtes 
Verhältnis; es hat die größten Ströme und keiner von ihnen mündet in eines der 
Hauptmeere, sein bedeutendster wird zuletzt ein Steppenfluß. Dagegen hat Rußland 
fast lauter eigene Ströme, ebenso die Iberische Halbinsel, auch Italien, Frankreich 
und Deutschland haben je drei ausschließlich; die zwei größten Ströme Deutschlands 
gehören ihm nicht ganz (Rhein und Donau). 
Eine treffliche Ausgleichung der Unwirtbarkeit der Alpen ist es, daß die 
großen Niederlagen von Eis und Schnee auf diesen Ouellengebirgen ihren Strömen 
den Sommer hindurch die größte Wasserfülle verleihen. 
Eine zweite vortreffliche Einrichtung in den Alpen (wie auch im skandinavischen 
Gebirge) sind die Seen, die an ihrem Fuße fast allen ihren Strömen helfen 
ihre Wildheit abzulegen und ihres Schlamms entledigt weiter zu fließen. — Die 
Pyrenäen und Karpaten (auch die West-Alpen) entbehren dieser Wohlthat, daher 
ihre Ströme weit verheerender sind. 
Die größte Menge der Seen aber liegt in einem Kranze um die Ostsee 
durch das germanische Tiefland, die russischen Ostseeprovinzen, Finland und Schwe- 
. den (die ausgedehntesten dieser Seen haben Rußland und Schweden). Die Ostsee 
erhält ferner unter allen Meerbusen Europas die meisten Flüsse, aus dem Deutschen 
Reich, aus Rußland, Finland und Schweden.
	        
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