Full text: Lesebuch der Erdkunde

Klima. 
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Gespinst- und Handelspflanzen kommen, mit deren Kultur denn die Bewohner meist 
das ganze Jahr hindurch auf dem Felde beschäftigt sind. Dies hat sie zu einer 
ebenso gesunden als natürlichen Lebensweise, der Landwirtschaft, geführt, die 
bei gehörigem Betriebe allen Ländern Europas ihre Existenz sichern, oder bei Miß- 
wachs in einem Erdgebiete mit dem Überfluß eines andern aushelfen kann, da durch 
ganz Europa von S. nach N., und von W. nach O. dieselben Nahrungspflanzen 
gehen. Hauptgetreideländer sind Rußland, Ungarn und die deutschen Ostseeländer; 
Hauptweinländer Frankreich (siehe jedoch S. 415), Ungarn, die mittleren Rheinlande, 
und großenteils die drei südlichen Halbinseln. 
Ganz Europa liegt also in der gemäßigten Zone, so jedoch, daß seine Süd- 
länder schon einen Übergang zur heißen bilden, während der höchste Norden die Polar- 
zone streift und nur noch wenige, kaum über den Boden sich erhebende Pflänzchen 
erzeugt. — Die Erdgebiete Europas lassen in Bezug auf Vegetation 4 Gürte l erkennen. 
1) Im Norden — Island, Färöer, nördliches Skandinavien, Nordrnßland — 
herrscht Verkümmerung des Gewächsreiches: verkrüppelte oder zusammengeschrumpfte 
Waldbäume, Birken, Espen und Fichten; kein Obstbaum, dagegen viele Beeren und eine 
Fülle von Flechten und Moosen; von Getreide höchstens Gerste. Flechtengürtel 
(bis 64 °). 
2) In den nördlichen Gebieten der Hauptmasse herrscht Getreidebau. Von Gerste 
und Hafer im N. — neben großen Birken- und Nadelholzwaldungen — geht es durch 
Roggeu — neben großen Eichen-, Buchen- und Tannenwäldern — über zu Weizen und 
Spelz, zu Obst und einer Menge Kulturpflanzen. Prächtige Wiesen. Getreide- 
gürtel (64-50°). 
3) In den südlichen Gebieten der Hauptmasse herrscht neben Weizen, Mais und Reis, 
trefflichem Obst, Kastanien- und Laubwäldern der Weinbau, und schon erscheinen 
Südfrüchte und immergrüne Laubbäume; Nadelhölzer uur noch auf den Höhen der Ge- 
birge. W e i n g ü r t e l (50—45 °). 
4) In den südlichsten Küstenländern des Mittelmeers herrschen der Ölbaum und die 
köstlichen Südfrüchte, deren Gedeihen weniger von der hohen Sommerwärme, als von 
der Milde des Winters abhängt, neben süßen Weinen und den Nahrungspflanzen des 
vorigen Gürtels, sowie immergrünen Wäldern. Schon erscheinen tropische Gewächse: 
Dattelpalme, Baumwolle, Zuckerrohr. Ölgürtel (45—36°). 
Diesen 4 horizontalen Gürteln entsprechen 4Höhengürtel, von der Meeres- 
nähe (z. B. in Südspanien, bei Genua, auf Sizilien) bis auf die Gipfel der Hoch- 
gebirge: immergrüne- und Oliven-Region; Wein- und Kastanien-Region; Getreide-, 
Obst- und Bnchen-Region; Alpenpflanzen-Region. Endlich folgt die Schneeregion, 
die allem Pflanzenwuchfe ein Ende macht, während sie zugleich in den Gletschern 
eine Hauptnahrungsquelle für alle Vegetation in sich schließt. 
Bei der Durchwanderung der Länder Europas fanden wir, daß ein ähnlicher 
Gegensatz wie zwischen Süden und Norden, auch zwischen Westen und Osten 
besteht. Im Westen ist das herrschende Klima ozeanisch, hat weniger schroffe 
Unterschiede zwischen Sommer und Winter, kühlere Sommer und mildere Winter, in Jr- 
land, Südengland; auch in Nordfrankreich find die Winter milder als an vielen Orten 
von Südfrankreich und Italien. Von der Mitte des Festlandes an wird das 
Klima mehr kontinental und Asien zu immer schroffer, bis es an der Ost- 
grenze in Breiten, die im Westen gar keinen Winter haben, sich bis zu einem rior- 
dischen strengen Winter steigert, und selbst im Sommer die große Hitze des Tages 
mit kalten Nächten wechselt. 
In der Richtung von West nach Ost hat Europa daher drei verschiedene 
klimatische Regionen: 1) eine nordwestliche, mit kühlem, feuchtem, nebligem, weichem
	        
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