Kapitel I. Die französische Revolution.
die natürliche Güte der menschlichen Natur und glaubte, alles Unheil in der
Kultur überhaupt sehen zu müssen. Darum forderte er „Rückkehr zur Natur".
In einer berühmten Schrift (le contract social) geißelte er die Zustände des
Staates seiner Zeit und stellte dem die republikanische Staatsform entgegen.
Die Erziehung des Menschen stellte er dar in zwei Schriften, dem „Emil"
und der „Neuen
Helo'ise."
Nicht viel über
bloßen Spott und
scharfer Geißelung der
kirchlichen und allge-
meinen Zustände kam
der geistreiche Vol-
taire hinaus, der zeit-
iveise am Hofe Fried-
richs des Großen
weilte. Doch hielt
auch er an gewissen
Idealen noch sest, in-
dem er einen allge-
meinen Gottesglau-
Ben vertrat und für
die Freiheit kämpfte.
Mutig trat er für
einen Protestanten ein,
der fälschlich der Er-
morduug seines Soh¬
nes angeklagt worden
war. Voltaire starb
im selben Jahre wie
Rousseau.
Viel bedenklicher
war die Rolle, welche
die Herausgeber eines großen Sammelwerkes (Encyclopedie) spielten. Man
nannte sie Enzyklopädisten. Sie sahen im Sinnengenuß und Egoismus die
einzig wahre und menschenwürdige Lebensform.
Alle diese verschiedenen Literaturströmungen hatten zur Folge, daß die
Achtung vor den bestehenden Verhältnissen vollends dahinging. So durfte
z. B. der geistreiche Lustspieldichter Beaumarchais wagen, die höheren
Stände in seinem Lustspiel „Des Figaro Hochzeit" zu verspotten. Es
entstand bie Überzeugung, wenn ber Mensch nur frei werbe, fo würben auch
die Verhältniffe von fetbst besser.
Voltaire.
Jean Jacques Rousseau.
Nach dem Gemälde von A. Ramsay gestochen 1766 von D. Martin.