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immer dichte Nebel lagern. Die Meuten und Kamschatka verdanken dieser
warmen Stömung ihr milderes Klima. Dagegen drückt ein kalter Küsten-
ström an der Westküste von Südamerika (südlich vom Steinbockswendekreise) die
Sommertemperatur etwas herab. Der Sommer auf dem Feuerland z. B.
(Breite von Berlin) kommt nnserm Mai nicht gleich.
o. Bedeutung des Meeres für die Pflanzen- und Thierwelt.
Eine unerschöpfliche Fülle des Lebens birgt der Oeean in sich; denn in ihm
sind die leichtesten Bedingungen der Ernährung und Bewegung gegeben. Das
Schwimmen ist leichter als das Gehen, da das Wasser den Körper trägt; das
bloße Athmen treibt den Fisch schon vorwärts. Das Meer hat eine ganz
eigentümliche Flora uud Fauna. Gattungen, Arten, Klassen, Ord-
nungen und Formen sind andere als in der Pflanzen- und Thierwelt des
Festlandes und süßen Wassers. Die Phanerogamen fehlen dem Meere fast
gänzlich; nur einige Seegrasarten kommen in ihm vor. Dagegen hat der
Oeean seine Tange oder Algen, denen, mit wenigen Ausnahmen, alle Pflanzen
des Meeres angehören. In ihrem Massenvorkommen bilden diese Tange die
charakteristischen Formen jener schwimmenden oder untergetauchten Vegetation
des Meeres. Die erstere besteht aus fluchenden Tangwiesen (Sargasso-See),
die letztere aus den am Meeresgründe wurzelnden (submarinen) Tangwäldern.
Die Fauna des Meeres vermag einen reicheren Formenkreis aus allen Classen
des Thierreichs aufzuweisen. Korallen, Quallen und Stachelhäuter gehören
ihr ausschließlich an. Im Meere leben die größten Thiere, wie z. B. der
Walfisch, aber auch die kleinen und unvollkommenen füllen in unglaublichen
Mengen die Wasser der Oeeaue. Oft sind, wie Darwin erzählt, ganze Qua-
dratmeilen des Meeres von rothen Infusorien gefärbt. Auch den größten
Meerestiefen fehlt nicht das animalische Leben. Aus dem Lande überwiegen
die Pflanzen unzweifelhaft an Masse; im Meere dagegen ist die Thierwelt
mächtiger entwickelt. Deshalb sind, mit Ausnahme nur der kleinsten, fast
alle Seethiere Fleischfresser; Beute verschlingend, werden sie verschlungen, und
aus dem Tode wird in der schnellsten Folge neues Leben geschaffen.
Die Meeresströmungen erweisen sich besonders der Verbreitung
der Pflanzen-und Thierarten förderlich. Die von den polaren Strö-
muugen südwärts getragenen Eisberge führen Massen von Gebirgsschutt
sammt den darauf wachsenden Pflanzen mit fort, und auch die auf den Strö-
muugen treibenden Baumstämme (Treibholz) verschleppen mitunter Erde und
keimfähige Samen in die größten Entfernungen. So stranden Früchte und
Hölzer aus Mexiko an den Gestaden des westlichen Europa und Fichtenstämme
von den westindischen Inseln an den Azoren. Diese Erscheinung bestärkte
Columbus in dem Glauben an ein im fernen Westen liegendes Land. Von
den Sechellen schwimmen ferner Palmenfrüchte bis an die Küste von Malabar,
und aus Guyaua und Brasilien wandern Pflanzen nach Westafrika. Die
20 Pflanzenarten, die sich auf der kleinen, zwischen Neuholland und Vorder-
indien einsam gelegenen Kerling-Jnsel vorfinden, sind sämmtlich durch Meeres-
strömungen auf großen Umwegen dahin gelangt. In Japan soll sogar der
Mais schon vor 1200 Jahren durch das Meer an die Küste gespült worden
sein. — Auch den Thieren dient das Meer als Transportmittel. Schwim-
mende Eisberge führen hochnordische Thiere nach Süden; auf ihnen kommen
Bären und Wölfe von Grönland bis nach Island. Jährlich Passiren
Rennthierheerden das Eismeer, um nach den Georgsinseln hin und zurück
zu gelangen.