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Endlich soll auch die lateinische Schule ihre Zöglinge „zu Astronomen"
machen, „wenigstens in den Anfangsgründen, daß sie nämlich^bewandert sind
in der Himmelskunde und ihrer Berechnung", und „zu Geographen, welche
die Karten von der Erde, den Meeren uud Inseln, den Flüssen, Reichen
u. s. w. im Kopfe führen".^)
Auch John Locke will den Knaben in der Geographie unterrichtet
wissen. Er meint, daß die Kenntniß der Gestalt der Erde, der Lage und
Grenzen der Erdtheile uud der einzelnen Länder nur auf einer Uebnng der
Augen und des Gedächtnisses beruhe und darum vom Kiude mit Vergnügen
gelernt und behalten werde. Zunächst soll der Knabe „ die natürliche Be-
schaffenheit des Globus" seinem Gedächtnisse einprägen, d. h. er soll die
besonderen Lagen der Theile der festen Erdoberfläche und des Meeres mit
den verschiedenen Namen und Einteilungen nach Ländern kennen lernen.
Später ist er in das Liniennetz des Globus uud in den Gebrauch der Land-
karten einzuführen, sowie mit dem Himmelsglobus, mit der Planeteuwelt
und mit dem copernikanischen System bekannt zu machen.*)
e. Eomeuius uud Locke hatten geographischen Unterricht gefordert.
Aber erst die pietistische Schule, deren Glieder als die ersten Repräsen-
tanten des Realismus in der Geschichte der Pädagogik gelten, führte die
Geographie als besondere Disciplin im Schulunterrichte ein. In der deutschen
Schule des August Hermann Francke fand allerdings die Geographie im
eigentlichen Schulunterrichte noch keine Stelle; nicht aber wollte er sie
ganz ausgeschlossen wissen, da er der Meinung war, daß nicht nur dem,
der studire, die Grundzüge der Astronomie und Geographie zu wissen wohl
von Nöthen sei, sondern überhaupt jedem, der ein verständiger und dem
Gemeinwesen nützlicher Mann werden wolle. Daher sollte den Kindern das
Nöthigste aus diesen Wissenschaften außerhalb der ordentlichen Schulstunden
, „gleichsam spielender Weise" beigebracht werden, damit sie lernten, wie Gott
aus der Natur zu erkennen sei, wie man ein Land vom andern unterscheide,
wie man reisen, einen Acker ausmessen und theilen, den Kalender brauchen
müsse u. s. io.3) Die Kinder sollen die rnappae geographicae, d. h. die
Landkarten, in ihren Ruhestunden vornehmen und sich selbst untereinander
fragen, „wie die Welt eingetheilt werde, und in welche Länder und Reiche
sich ein jegliches Theil der Welt wiederumb vertheile, welches darinnen die
vornehmsten Städte find, und wo sie gelegen n. s. w."*) Dagegen wurde
im Pädagogium zu Halle richtiger geographischer Unterricht ertheilt. Alle
damals bekannten Erdtheile wurden betrachtet, Palästina und Deutschland
aber am ausführlichsten behandelt, „damit die Untergebenen in ihrem Bater-
lande und in den biblischen Geschichten ungehindert fortkommen mögen".
Man ging jedes Land nach feinen Grenzen und Flüssen, hauptsächlich aber
nach seiner Einteilung in Provinzen und nach den wichtigsten Orten der-
selben durch. Die historischeu, politischen, kirchlichen und physischen Verhält-
nisse der einzelnen Länder galten als Nebensache und sollten „bey den
grossesten Reichen in einer eintzigen Stunde", bei den kleineren in noch
kürzerer Zeit „ absolviret werden". Die Schüler hatten Hübner's Schul-
atlas in 18 Karten und dessen geographische Fragen in den Händen, durften
1) I. c. 252. 253. — 2) Locke, Einige Gedanken über Erziehung. Ausgabe
von Schuster. 192—194. — 3) A. H. Francke, Schriften über Erziehung und
Unterricht. Ausgabe von K. Richter 235. — 4) 1 c. 70.