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Holzhäuser den frühen Ursprung des Weinorts erkennen lassen. Dann
taucht mitten in dem über 300 m breiten Strom auf einem Thon¬
schieferfelsen ein rundes, hochgezinntes Schloß auf, mit vielen Türmen
und Türmchen geschmückt, die Pfalz, dereinst eine wichtige Zollstätte;
ihr zur Rechten schmiegt sich an den Berg das Städtchen Kaub, wo
ein Denkstein von Blüchers Übergang über den Rhein in der Neu¬
jahrsnacht 1814 erzählt. Vorüber fliegt der Dampfer, flüchtig streift
unser Blick die zahlreichen Schlösser uud Burgruinen, das behaglich
am Ufer sich ausdehnende Städtchen Oberwesel, von den Resten der
Ringmauer und stattlichen Warttürmen umgeben; dann werden die
Ufer wilder und zackiger, nur Felsen und Strom sind sichtbar, die
hier auf 100 m Breite zusammengedrängt ist. Vergeblich versucht
sich des Menschen Anbau an den steil emporsteigenden Schiefermassen.
Ein gewaltiges Felsengebilde scheint den Strom zu schließen: es ist
der sagenberühmte Loreleifelsen, der an 120 m über dem Strome
drohend sein Haupt erhebt. Kaum haben wir die Felsenecke umfahren,
so erschließt sich dem entzückten Auge ein neues Panorama. Rechts
auf ragenden Felsspihen die Burgruinen Katz und Maus und zwischen
beiden das Städchen St. Goarshausen, und links die Stadt Goar,
überragt von den großartigen Trümmern der zerstörten Feste Rhein-
sels. Weiter abwärts verflacht sich das Ufer, während das rechte
noch seine Steilwände zum Strome sendet. An beiden Seiten be-
gleitet den ruhig fließenden Rhein eine Reihe kleiner Orte im Schmucke
reichtragender Obstbäume, deren Früchte stromabwärts bis nach
Holland und England versendet werden. Aus erweitertem Unterrande
lagert sich zur Linken das alte, in neuerer Zeit aufblühende Boppard,
dann erscheint nach einer starken Krümmung des Stromes nach Osten,
hoch über dem Strom auf einem Bergkegel thronend, die einzige aus
dem Mittelalter gerettete Feste, die Marksburg, freilich, mit Ausnahme
weniger Gelasse, leer und öde, und weiter abwärts, am linken Ufer,
von Baum- und Weingärten freundlich umgeben, der Ort Renfe.
Nahe dabei, fast unter Nußbäumen versteckt, steht der im Jahre 1843
dem alten Steinbau entsprechend wiederhergestellte Königsstuhl, die
Stätte, wo Heinrich VII., Karl IV. und Ruprecht von der Pfalz
gewählt, der Kurverein beraten und der Landfriede beschlossen wurde.
Nun eilt der Rhein der Vereinigung mit der Lahn entgegen, die
aus erzreichem Berglande herabfließend zwischen Ober- und Nieder-
lahnstein sich in den Rhein ergießt. Auf der Bergstirne an ihrem
linken Ufer erhebt sich die Burg Lahneck, ihr gegenüber auf dem
linken Rheinufer thront der Edelstein unter den Rheinbergen, das
prächtig wiederhergestellte Schloß Stolzenfels, das wie andere Burgen
der Rheinlands in den Raubkriegen Ludwig XIV. zerstört worden
war. Dann zieht der Dampfer an einer großen Insel vorüber,