38 Verkehrswege, welche das Innere der einzelnen Erdteile erschließen.
dienen, so ist es auch auf der unteren Donau der Fall und wird es noch mehr
nach der jetzt erfolgten Beseitigung der Stromschnellen am Eisernen Thore
werden. Die ungeheure Wichtigkeit, welche unter Umständen Kanäle für ein
Land und seinen Handel gewinnen können, zeigt sich z. B. in Holland bei
Amsterdam, welches durch ein Kanalnetz mit dem Norden, Westeu und Süden
des Landes verbunden und an Reichtum von Binnenkanälen in der Stadt
selbst nur mit Venedig vergleichbar ist. Der 1825 vollendete nord-
holländische Kanal (78 km lang, 30—40 m breit, 6—7 m ties) ver¬
bindet die Stadt mit der nordwestlichen Mündung der Zuider-See (seuder-
see); der 1876 vollendete, 25 km lauge Nordseekanal, vor Eröffnung des
Nord-Ostseekanals das größte, nur mit dem Sneskanal vergleichbare
Kanalwerk Europas, erlaubt deu Seeschiffeu, vou der Nordsee her bis iu
die Stadt zu fahren. Über 100000 Fahrzeuge laufeu nuumehr alljährlich
in Amsterdam ein! Für England sei der Manchester-Seekanal erwähnt,
durch welchen diese erste Fabrikstadt der Erde, das Centrum der englischen
Baumwollindustrie, für die größten Seedampfer erreichbar ist. Von der Stadt
bis Eastham am Ncersey reichend, durchschneidet er das Gebiet von 151 In-
dustrieorten! Er ist 57^ km laug, seine mittlere Breite beträgt 57 m, sein
niedrigster Wasserstand 8,65 m. Die Banzeit dauerte von 1887—1893, seine
Kosten betrugen die ungeheure Summe von 350 Millionen wodurch sich
denn auch die ungenügende Ertragsfähigkeit der Anlage erklärt. In Frank-
reich stellt der Canal du Midi (de Languedoc; Atlantischer Ozean—Ga-
ronne— Canal du Midi—Mittelmeer) eiue direkte Verbindung zwischen Brest
und Marseille her. Ja, man hatte sogar zeitweilig daran gedacht, diesen
Wasserweg so zu erweitern, daß auch Kriegsschiffe denselben passieren können,
wie das mit Kanonenbooten bereits gelangen ist, sodaß alsdann Brest und
Toulon, die beiden wichtigsten französischen Kriegshäfen, über Bordeaux direkt
miteinander verbunden gewesen wären. Von gleicher strategischer und kommer-
zieller Bedeutung für Deutschland ist der 1888 begonnene nnd 1895 mit
einem Kostenaufwand von etwa 156 Millionen cfl vollendete Nord-
Ostsee (Kaiser Wilhelm-) kanal, das großartigste Wasserbauwerk Deutsch-
lands, welcher 99 km lang nnd 8^/z m tief, bei einer Sohlenbreite von
22 m, also auch für die größten Schiffe fahrbar. Nord- und Ostsee zwischen
Holtenau (s. die Abbildung S. 74) bei Kiel (Mündung des Eiderkanalsx)
und Brunsbüttel an der Elbmündung verbindet, den Seeweg zwischen beiden
Meeren um 450 km kürzt und unsere Kriegshäfen Kiel und Wilhelmshaven
gewissermaßen zu einem macht, die bisherige Teilung unserer Seestreitkräfte
also teilweise beseitigt. Die Fahrzeit beträgt 18—24 Stunden. Elektrische Be-
1) Derselbe wurde schon 1784 eröffnet, aber bereits zwei Jahrhunderte früher (dem
Kaiser Maximilian II., 1571) empfohlen. Obgleich der Eiderkanal wegen seiner Größen-
Verhältnisse den Verkehr von Seeschiffen nicht gestattet und deshalb in wirtschaftlicher
und militärischer Hinsicht von geringer Bedeutung ist, so hat doch die Ausführung des-
selben seinerzeit, namentlich in England, großes Aufsehen erregt. Die jetzt ausgeführte Linie
Kiel—Brunsbüttel wurde zuerst 1848 von dem Major Christensen aufgestellt und genauer
bearbeitet. Aber die unselige Zerrissenheit Deutschlands ließ die Ausführung damals ebenso
scheitern wie die Gründung einer deutschen Flotte. 1878 wurden die Vorarbeiten von
dem Schiffsreeder Dahlström in Hamburg in Verbindung mit dem Wasserbauinspektor