50 A. An der deutschen Meeresküste.
auszufahren, hat sich jedoch dieses Normalboot nicht als geeignet erwiesen.
Unsere Stationen sind mit dem nach seinem amerikanischen Erfinder benannten
„Francisboot", welches aus Eiseublech gefertigt ist und nur das halbe Gewicht
des euglischeu Normalbootes hat, ausgerüstet worden. Die Rettungsboote sind
teils Ruder-, teils Segelboote; deu Damps hat man sich bei diesen gefährlichen
Küstenfahrten noch nicht dienstbar zu machen verstanden. Zu der Ausrüstung
einer Rettungsstation dienen außerdem Mörser und Raketenapparate, lange
Leinen uud Taue, Leuchtraketen, Laternen :c. Ist nun einer Rettungsstation
ein Schiffbruch signalisiert, dann verfügt sich die Mannschaft nach dem bezeichne-
ten Küstenpunkte. Durch Weißfeuer oder eine Signalrakete giebt sie bei Nacht
ihre Anwesenheit kund, währeud auch das Schisf seiuen Ort durch ein Feuer¬
mal anzeigt. Ist das demselben nicht möglich, dann sucht die Rettungsmann-
schast durch eine Leuchtrakete die Lage des Schiffes zu finden. Hat nun das
Boot keine Aussicht, an das Wrack zu gelangen, so bemüht man sich zwischen
demselben und dem Lande eine Tauverbindung herzustellen, indem man mit Hilfe
eines Mörsers oder Raketenapparates über das gestrandete Schiff eine Leine
hinwegschießt, welche von den Schiffbrüchigen aufgefangen, und mit welcher
das Rettnngstan hinübergezogen wird. An letzterem können dann die Ge-
strandeten durch das Wasser oder die Lust in einem Rettungskorbe nach dem
Lande herübergeholt werden.
Ereignet sich der Schiffbruch in größerer Entfernung als 500 Schritt
vom Lande, fodaß die Geschoßapparate nicht mehr ausreichen, um ein Tau
nach der Stelle des Wracks zu schießen, dann treten die Rettungsboote in Thätig-
keit. Ist das Boot glücklich auf Wasser gebracht, so muß es zunächst durch
die Brandungslinie hindurchgerudert werden. Die mächtigste Brandung aber
bedroht das Boot nicht unmittelbar am Ufer, fondern weiter draußen, wo die
ans dem Meere hereinkommenden Wogen zuerst den Grnnd berühren. Die Ge-
fahr für das Boot ist dabei feine geringe, da es sich nach rückwärts überschlagen
oder von den Wogen in der Ouere gesaßt und überrollt werden kann. Ein
glückliches Gelingen hängt hauptsächlich vou der Geistesgegenwart des Führers
ab. Die Augen aller seiner Untergebenen find anf ihn gerichtet. Bald
müssen die auf der einen, bald die auf der anderen Seite sitzenden Ruderer in
ihrer Arbeit innehalten; bald muß das Boot vorwärts, bald wieder rückwärts
gerudert werdeu. Und so vergehen manchmal Stunden, ehe es ihm möglich ist,
an das Schiff heranzukommen. Verhindert eine heftige Brandung die An-
Näherung an das Wrack, so versucht man eine Leine vom Boote aus hinüber-
zuschießen, um eine Verbindung herzustellen. Auf dem Rückweg erneuern sich
alle Gefahren des Hinwegs. Dabei darf man das Fahrzeug nicht den nach dem
Lande gehenden Wogen überlasten, fondern muß dasselbe immer mit aller Kraft
ans die Woge hinauf zu rudern suchen. Oft empfiehlt sich zur Beruhigung der