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C. An deutschen Flüssen,
versandt werden. Das Land liefert, besonders im Siegenschen Kreise, treff-
lichen Eisenstein, welcher der Herstellung von Schuß- und Hiebwaffen, von
Eisenbahnschienen, von Scheren, Messern, Sensen und Sicheln dient. Viel
tausend fleißige Hände sind beschäftigt mit der Verarbeitung der Baumwolle
und Seide und stellen daraus vielbegehrte Gewebe her. Und dabei fehlt es
nicht an jenem wichtigen Brennmaterial, ohne welches an eine Errichtung von
Fabriken nicht gedacht werden kann; denn der ganze Landstrich zwischen Ruhr
und Lippe ist erfüllt vou Kohlenlagern, wie sie ganz Deutschland nicht zum
zweiten Male in solcher Größe aufzuweisen hat. Die bedeutenden Industrien
haben einen lebhaften Verkehr hervorgerufen; darum durchziehen überall
Eisenbahnen in verwirrender Menge das Land, oft nebeneinander hinlaufeud,
uoch öfter sich schneidend und wichtige Verkehrsknotenpunkte bildend. Links
vom Rhein verdient Krefeld als wichtiges Industriegebiet unsere Aufmerksam-
keit. Mit dem Besuche desselben beginnen wir unsere Wanderung, welche uns
dann in die Rebenthäler der rechten Rheinseite führen soll.
Krefeld stellt mit seiner Umgegend einen großen Weberbezirk dar, in
welchem sich alles mit der Herstellung von Stoffen aus Seide, Samt und
Plüsch befaßt. Gegen 150 Fabrikanten widmen sich diesem Industriezweige
und beschästigen mehr als 39 000 Stühle. Der Stadt selbst merkt man es
kaum an, daß sie ein Mittelpunkt einer wichtigen Industrie ist. Da die
Hausindustrie hier noch nicht durch Maschinenarbeit verdrängt ist, so giebt es
in Krefeld keine eigentlichen Arbeiterviertel, nnd nur in einzelnen Straßen
vernimmt man das Geklapper des Webstuhls, das Schnurren beim Aufwinden
und Spulen. Die Begründung seiner Industrie verdankt Krefeld eingewan-
derten Mennomteit, die zuerst die Leiueusabrikatiou hier heimisch machten.
Dieser letzteren folgte die Seiden- und Samtindustrie, welche vor 200 Iah-
reu durch die Familie vou der Leyeu eiugesührt wurde. Weberei, Färberei
uud Appretur bilden die drei Hauptteile der Seidenfabrikation. Den Handel
mit Rohseide vermitteln besondere Agenten, die ihr Material vorher auf feine
Zusammensetzung und Haltbarkeit prüfen lassen. Mehrere hier bestehende
chemische Fabriken stellen die nötigen Farben her, nnter denen besonders Ani-
linfarbeI eine Rolle spielen. Vom Webstuhl weg werdeu die Fabrikate nicht
verkauft, sondern müssen erst den Prozeß der Appretur durchmachen, wobei
man denselben, indem man sie schert, dämpft, preßt uud foustwie veredelt, eiu
möglichst schönes Ansehen zu gebeu sucht. Für die Hebuug dieser Industrie
hat man nichts versäumt. Talentvolle juuge Kausleute und geschickte Färber
wurden nach Lyon, Zürich und Basel geschickt, um sich in ihrem Fache weiter
zu vervollkommnen, und die Errichtung einer höheren Webschule ließ uicht
länger ans sich warten. So kam es, daß Krefeld bald mit Lyon uud Zürich
zu wetteifern vermochte und sich besonders in Nordamerika und England einen