C. Deutsche Sagen und geschichtliche
Erzählungen.
124. Das Nejenfpicheug.
Im Elsaß auf der Burg Nid eck, die an einem hohen Berge Lei
einem Wasserfall liegt, waren die Ritter vorzeiten große Niesen. Einmal
ging das Riesenfrüulein hinab ins Thal, wollte sehen, wie es da unten
wäre, und kam bis nach Haslach auf ein vor dem Walde gelegenes
Ackerfeld, das gerade von den Bauern bestellt ward. Es blieb vor
Verwunderung stehen und schaute den Pflug, die Pferde und die Leute
an, das ihr alles etwas Neues war. „Ei," sprach sie und ging herzu,
„das. nehme ich mit mir." Da kniete sie nieder zur Erde, breitete ihre
Schurze aus, strich mit der Hand über das Feld, fing alles zusammen
und that's hinein. Nun ging sie ganz vergnügt nach Hanse, den Felsen
hinaufspringend; wo der Berg so jäh ist, daß ein Mensch mühsam
klettern muß, da that sie einen Schritt und war droben.
Der Ritter saß gerade am Tische, als sie eintrat. „Ei, mein Kind,"
sprach er, „was bringst du da? Die Freude schaut dir ja aus den
Augen heraus." Sie machte geschwind ihre Schürze auf und ließ ihn
hineinsehen. „Was hast du so Zappeliges darin?" — „Ei, Vater, gar
zu artiges Spielding! So was Schönes hab ich mein Lebtag noch nicht
gehabt." Darauf nahm sie eines nach dem andern heraus und stellte es
auf den Tisch, den Pflug, die Bauern mit ihren Pferden, lief herum,
schaute es an, lachte und schlug vor Freude in die Hände, wie sich die
kleinen Wesen darauf hin und her bewegten. Der Vater aber sprach:
„Kind, da hast du etwas Schönes angerichtet! Das ist kein Spielzeug.
Geh nur gleich und trag's wieder hinab ins Thal!" Das Fräulein
weinte; es half aber nichts. „Mir ist der Bauer kein Spielzeug," sagte
der Ritter ernsthaft; „ich leid' nicht, daß du mir murrst; kram alles sachte
wieder ein, und trag's an den nämlichen Platz, wo du es weggenommen
hast. — Baut der Bauer nicht sein Ackerfeld, so haben wir Riesen auf
unserm Felsenneste nichts zu leben." «rüder Wrimm.