Klima und Vegetation.
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Luft herbeiführen. Die östlichen Winde verhalten sich in Deutschland
zu den westlichen wie 1 zu 17, die nördlichen zu den südlichen wie
1 zu 13. Die mittlere Windrichtung ändert sich mit den Jahres-
Zeiten: im Winter ist die Luftströmung meistens südlicher als im
Jahresdurchschnitt, und zwar am meisten im Januar uud Februar;
im Frühling sind die Ostwinde häufiger, im Sommer herrschen west-
liche Winde vor, im Herbst nehmen sie ab und dagegen die Süd-
winde zu, welche besonders im Oktober vorherrschend sind.
In Bezug auf die Regenmenge findet ein bedeutender Unterschied
statt. Am größten ist sie zunächst in den Alpen selbst, dann längs
dem nördlichen Abhänge derselben, weil die von den Süd- und Süd-
Westwinden herbeigeführten Wasserdünste durch die Kälte der Alpen-
region großenteils niedergeschlagen werden. An der Südwestseite der
mitteldeutschen Gebirge, welche von Südost nach Nordwest streichen,
ist der Niederschlag aus ähnlichem Grunde bei Südwestwind beden-
tender als auf der Nordseite. Dagegen findet die entsprechende Er-
scheinung bei den von Nordost gegen Südwest streichenden Gebirgen
in Bezug auf die Nordwestwinde statt. Aus dem allen ergiebt sich,
daß die Regenmenge im allgemeinen gegen Osten hin abnehmen muß.
Die klimatischen Zustände jedes Landes verkörpern sich gleichsam
in seiner Vegetation, auf deren typischen Charakter die Verhältnisse
der Wärme uud Feuchtigkeit der Luft den vorherrschenden Einfluß
üben. Werfen wir deshalb einen Blick auf die Vegetation Deutsch-
lands und seine landwirtschaftliche Physiognomie.
Der Gegensatz von Feld und Wald besteht in Deutschland noch
in seiner ganzen Ausdehnung. Eng schließt sich der Wald an das
Gemütsleben, namentlich an das der Stämme im Norden, deren
landschaftliche Begriffe auf das innigste mit den Wäldern verschlungen
sind. Diese sind es, welche weite Strecken, namentlich des Tieflandes,
die charakteristische Schönheit und Mannigfaltigkeit der Landschafts-
bilder verleihen; und von dem lichterstrahlenden Weihnachtsbaum und
dem zur Rute verschlungenen Birkenreise der Kindheit an durchwebt
der Baum, der Wald die Erinnerungen und Erlebnisse der Menschen
bis zum letzten Tage ihres Erdenlaufes. Mit dem Wald verflechten
sich die Sagen und Märchen des Volkes und leben fort bis auf diese
Stunde, umrauscht vom Wehen des Waldes, das den Sinn geheimnis-
voll umfängt und ihn mit unsichtbarer Gewalt ins Reich der Wunder
trägt. Und wir haben auf deutscher Erde noch lustigen schönen Wald,
noch Wälder, wo der Wanderer meilenweit von jeder menschlichen
Niederlassung entfernt nur den Schlag des eigenen Herzens in der