Die Ernte bei den Siebenbürger Sachsen.
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In zwei Tagen, wenn die Witterung gut geht, ist das Heu fertig.
Am dritten kommen auf Befehl des Hannen die Herden ins Dorf
und zur bestimmten Stunde wird das Heu eingeführt.
Sobald der letzte Wagen im Dorf ist, treiben die Hirten das
Vieh aus. Das Fallthor öffnet sich wieder und in 15 bis 20 Tagen
ist alles Heu eingeführt.
Derweil ist auch das Feld reif zur Erute und der ersehnte
Augenblick da, anzuschlagen die Sicheln. Der Pfarrer eröffnet durch
feierlichen Gottesdienst, an dem alt und jung im Feierkleid teilnimmt, die
Ernte; allabendlich kommt das Gesinde (die konfirmierte Jugend) nach
gethaner Arbeit mit dem Loblied ins Dorf: „Nun danket alle Gott".
Wohl zur geziemenden Vorbereitung auf den würdigen Empfang
und Genuß des Erntesegens ordnet die kirchliche Sitte vor dem Beginne der
Ernte auch die Feier des heiligen Abendmahles an. Amt und Kommunität
bestimmen den Beginn der Ernte und das Einheimsen der Früchte.
Soll die Frucht am nächsten Tage eingeführt werden, so dampfen
in der vorhergehenden Nacht die Backöfen uud vom schönsten Weizen
werden Brot und Kuchen gebacken. Am frühen Morgen werden die
Blumengärten ihres kargen Schmuckes entkleidet, denn jeder Bursche
muß, wenn er Korn fährt, einen mächtigen Blumenstrauß auf dem
weithin schattenden Hut tragen.
In 10 bis 12 Tagen ist ein ausgedehntes Kornfeld geräumt und
sind die Früchte unter Dach und Fach, wenn nicht inzwischen ein aus-
giebiger Regen zur zweiten Umpflügung des Brachfeldes Veranlassung gab.
Nur der Sonntag unterbricht als Ruhetag die schwere Arbeit
der Woche. Kein Wuuder, wenn des wohlehrwürdigen Herrn Pfarrers
wohlgesetzte Rede auf manchen müden Zuhörer im warmen Kirchen-
pelz wie ein sanftes Wiegenlied wirkt.
Kaum ist der reiche Weizeusegeu eingeheimst, so „schickt sich"
auch der Hafer, und wieder gilts anzuschlagen die Sichel. Die Hitze
ist zwar unerträglicher geworden, aber man muß sich tiefer bücken.
Hat nur nicht Ungeziefer das körnerreiche Gewächs gefressen, so thut
maus unverdrossenen Mutes.
Mit neugierigen Augen mustert alt und jung am grauenden
Morgen die nach Hafer ausfahrenden Wagen. Dann siehst du auf
dem stattlichen Sattelroß einen Burscheu mit wallendem Blumen-
stranß und hinten auf dem langen Erntewagen eine festlich gekleidete
Dirne; es ist das ein sicheres Zeichen, daß beide um Catharinae
Mann und Weib werden wollen.
Es folgt die Maisernte. In zwei „Schlägen" (Abteilungen) wird