Full text: Geographische Charakterbilder aus Europa (Teil 2)

276 
Süd-Europa. 
blickend die Türme dreier Bergschlösser, Zeugen manchen Sturnies 
uud mancher tapfern That im Kamps mit östlichen Barbaren. Vor- 
ragend zeichnet sich das Fort San Giovanni nnd neben ihm Fort 
Barone aus, das seinen Namen trägt von dem deutschen Freiherrn 
von Degenfeld, der es in langer mutiger Verteidigung gegeu türkische 
Übermacht gehalten. 
Wir verließen den breiten Quai am freundlichen Hafen und 
kamen durch die Windungen der ziemlich steilen, teilweise durch Stiegen 
mit einander verbundenen engen Gassen der Stadt zu einem ge- 
räumigen Platze, auf welchem das Cafino, eine freundliche Loggia, 
vor allem aber der stolze Bau der Kathedrale fich hervorthut. Um 
die letzte schöne Stunde des sounigeu Tages nicht zu verlieren, stieg 
ich den Berg hinan, von welchem das Fort Barone, der Denkstein 
unseres tapfern Landsmannes, herabschaut. Schön war bei sinkender 
Sonne der Blick von oben auf das weithin vergoldete Jnselmeer und 
auf das Amphitheater der Stadt mit ihrem felsummauerten Hafen, 
anmutig die Begegnung der Hirten, die ihre Herden heimwärts trieben, 
und der zu Dörfern und Hütten zurückkehrenden Landleute in ihrer 
husarenartigen Kleidung, meist rot und blau, bewaffnet alle mit 
Flinte, Handschar und Pistole. — Ringe und blinkende Knöpfe anch 
an den abgeschabtesten Lumpen. 
Am nächsten Tag ging unser Schiff weiter nach Spülato. Die 
erste Hälfte der Fahrt ist ziemlich eintönig. Nicht wie bisher auf 
eiuem iuselbegreuzteu Kanal, sondern aus offenem Meer, aus welchem 
selten nur ein kahles Felseneiland emporsteigt, gewahrt der Steuernde 
von dem zurückweichenden Festland nichts als eine nackte Bergkette, 
deren spärliche Kultur uur wenig über den noch einigermaßen niit 
Fruchtbodeu bedeckten Fnß der Berge hinausgeht. Dann und wann 
erscheint ans den näheren Höhen ein weißschimmerndes Kirchlein. Vor 
der Pforte eines solchen Eremitentempelchens, das besonders malerisch 
von einem Felsenvorsprung niederblickte, stand ein einsamer Schäfer, 
während seine Herde, rings über die Klippen zerstreut, die spärlichen 
Kräuter zwischen dem Gestein aufsuchte. 
Einen überraschenden Anblick gewährt auf dieser Fahrt die freund- 
lich in die Bncht vorspringende Stadt Trau mit ihrer gotischen 
Kathedrale und wenig davon entfernt die reizend zwischen dem Meere 
nnd der Bergkette gelegeueu Castelli, sieben, vor Zeiten mit festen 
Türmen gegen die Osmanen versehene, von der Republik Venedig 
mit Privilegien reich beschenkte Dörfer, deren schöner Beiname „der 
Garten Dalmatiens" auch in der Wirklichkeit nichts von seiner Be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.