Full text: Geographische Charakterbilder aus Europa (Teil 2)

Unter Albanesen. 
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habendsten Teil des uordalbauesischeu Hochlandes. Die östliche Hälfte 
wohnt in dem Bezirke von Gusinje, der ohne Zweifel zu den romantischsten 
Alpenpartieen des Kontinents gehört. Der vom schäumenden Sem 
heraufkommende Saumpfad schlängelt sich iu zahllosen Windungen 
vom Hochgebirgssattel von Welikopolje herab und führt hierauf läugs 
der Abhänge des felsigen Plateaus Grbeniti-Wrh in die Tiefe des 
Kessels von Gusinje, der zn den seltensten orographischen Bildungen 
gehört. 
Man denke sich einen riesigen, kreisförmigen Gebirgskessel mit 
einem Durchmesser von fünfundzwanzig Kilometern, der nur gegen 
Norden, und zwar durch die Thalschlucht des Lim, eine kaum be¬ 
merkbare Öffnung hat. Ein Kranz ewig beschneiter Gipfel, Rücken 
nnd Zinken, von denen so manche an die 3000 Meter hinanreicht, 
umschließt im Süden als Prokleta-Gebirge und im Osten als Kopaonik- 
Gebirge das Quellgebiet des Lim, und am Nordwestrande des schwarzen 
Kessels hält der Kutschki-Kom (Hundskopf) die weithin sichtbare Wache 
an der alten montenegrinischen Grenze. Bon diesen himmelhohen Bergen 
stürzen Schneefelder uud bewaldete Hänge, oft bei einer Anlage von 
nur zehn Kilometern, mit mehr als 2000 Metern in die Tiefe hinab 
nnd bilden die von scharf zugeschnittenen Bergfüßen hornförmig be- 
grenzte Thalebene von Plava und Gusinje, die eine Länge von zwanzig 
nnd eine durchschuittliche Breite von etwa sechs Kilometern hat. Ge- 
rade dort, wo die gegen Westen geöffnete Hornform der Ebene die 
scharfe Wendung gegen Norden macht, ruht iu seiner Umsäumung ein 
fischreicher, grüner Alpensee mit dem Flecken Plava, etwa 600 Meter 
über der Meeresoberfläche, vier Kilometer lang und anderthalb Kilo- 
meter breit. Im nördlichsten Winkel der fruchtbaren Lim-Ebene von 
Plava liegen die Hütten des Dorfes Orfchaniza. Den Rändern der 
Ebene, besonders zur Rechten, folgt mehr als ein Dutzend aneinander 
gereihter Dörfer, und in der südlichen Ecke liegt der Marktflecken Gusinje 
verborgen. Und weiter südlich davon, unter deu umwölkten Zinken 
des Bor, stürzt aus Schneefeldern in dunkelschäumenden Fäden der 
Lim herab, zuerst ein wildes Felsenthal mit drei Dörfern befeuchtend 
und belebend, dann von Gusinje au, durch zwei andere Gebirgsbäche 
verstärkt, in raschem Lauf dem See von Plava zueilend. 
Gusinje ist der bedeutendste Ort des Bezirkes. Die hölzernen 
und auffallend geräumigen Häuser stecken in buschigen Gärten zwischen 
schmalen Gäßchen, tragen rote und graue Dächer uud werden von 
weißen Minareten mit blinkenden Blechspitzen überragt. Noch höher 
sieht man die steil aufsteigenden, unten mit Gestrüpp, hoch oben mit
	        
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