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auch der starke Fremdenverkehr; Hunderte, wenn nicht Tausende finden
durch Gasthofwesen, durch Vermieten von Sommerwohnungen, als Kutscher
und Führer Unterhalt.
Der Verbreitung des Feldbaues entsprechend, liegen die meisten Dörfer
auf den Ebenheiten im unteren Teile der Sächsischen Schweiz. Ausgeprägte
Felsen- und Waldreviere sind fast unbewohnt, und in den Gründen stehen
nur einzelne Mühlen und Gasthäuser. Nur im Elbthale liegen eine Reihe
kleiner Städte und Dörfer; die Dörfer sind die Wohnstätten der Steinbrecher
und Schiffer, die Städtchen und größeren Dörfer dienen dem Fremdenverkehre
und der Ausfuhr der Landesprodukte. —
Eine herrliche Einsicht in das Felsenlabyrinth des Elbsandsteingebirges
gestattet uns unser Bild. Wir stehen auf dem Ferdinand stein und schauen
nach Süden. Vor uns erheben sich zahlreiche wild und zerrissen aus der
Martertelle, einer tiefen Schlucht, aufsteigende Felsenkegel, und hinter ihnen
zieht sich von Osten nach Westen die ebenso kunstvoll, wie großartig ausge¬
führte Basteibrücke. In sieben Bogen von verschiedener Spannweite ver¬
bindet sie (76 m lang und 2 m breit) die hohen hier aufragenden Felsen¬
pfeiler miteinander und überwölbt so die schon erwähnte Martertelle. Die
Brücke hat ihren Namen von der unweit ihres westlichen Endes gelegenen
Bastei, dem am meisten besuchten Punkte des Elbsandsteingebirges.
ein Theil der Stützen wird dünn gehackt und der Rest, indem man Löcher hrneinbohrt,
zum Sprengen durch Pulver vorgerichtet, dessen Entzündung endlich die Wand zum Fallen
bringt. Die großen Blöcke einer niedergegangenen Wand werden zerlegt und der Schutt
in Halden aufgetürmt. Die fertige Ware (Werkstücke) wird auf starken, niedrigen, zwei¬
rädrigen Wagen (Steinkarren) an zur Elbe hinabführende schiefe Ebenen („Huschen") ge¬
bracht, in denen man sie auf Schlitten hinabläßt, damit sie dort in die Schiffe verladen
werden. Mitunter stellen auch besondere Steinmetzen die Arbeiten schon im Bruche voll¬
ständig her. Die Aufarbeitung erfordert durchgängig weit mehr Zeit als das Hohlmachen.
Leider fallen die Wände nichr immer glücklich. Fällt die Wand vorzeitig, ehe die Stein¬
brecher die Flucht ergreifen können, so sind sie dem Tode verfallen, wenn nicht ein glück¬
licher Zufall ihnen Rettung bringt. Am 26. Januar 1862 siel oberhalb Schandau ganz,
unvermutet eine Wand, an deren Hohlmachung seit fünf Jahren gearbeitet worden war
und verschüttete 24 Steinbrecher, die eben beim Frühstücke saßen. Sie kamen aber unter
eine hohle Stelle der Wand zu liegen und konnten daher nach 56 ständiger Todesangst
noch lebend ans Tageslicht gezogen werden. Glücklicherweise kommen Unglücksfälle in
größerem Maßstabe nur selten vor, desto häufiger bedrohen Losbrechen von Felsstücken das
Leben der Steinbrecher. Dazu ist die Beschäftigung der Steinbrecher an und für sich eine
ungesunde; die Sonnenglut, der sie an den kahlen, senkrechten Felswänden preisgegeben
sind, die Erkältung in den feuchten Felsspalten und der feine Sandstaub, den sie fortwährend
einatmen müssen, läßt sie oft schon zwischen dem 30. und 40. Lebensjahre an der „Stein-
brecherkrankheit", die hauptsächlich die Lungen angreift, zu Grunde gehen.