Full text: [Siebenter Teil = Klasse 3, [Schülerband]] (Siebenter Teil = Klasse 3, [Schülerband])

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Überall traten die Sonderbestrebungen der Stände, der Landschaften 
und Gemeinden der neuen gleichmäßigen Ordnung feindlich entgegen. 
Murrend fügte sich der adlige Landstand den Geboten der bürgerlichen 
Beamten. Im siegreichen Kampfe für Staatseinheit und Rechtsgleichheit 
hat sich das königliche Beamtentum Preußens geschult. Aus jenem heimat¬ 
losen Dienergeschlechte, das im siebzehnten Jahrhundert von Hof zu Hof 
umherzog, ward nach und nach ein preußischer Stand, der sein Leben dem 
Dienste der Krone hingab und in ihrer Ehre die seinige fand, streng, tätig 
und gewissenhaft wie sein König. Er verkümmerte nicht in dem engen 
Gesichtskreise der Landschaft und der Vetterschaft, er gehörte dem Staate 
an, lernte sich heimisch fühlen in Königsberg wie in Cleve und wahrte 
in den Klassenkämpfen der Gesellschaft gegen hoch und niedrig das Gesetz 
des Landes. Der König aber gab seinen Beamten durch eine feste Rang¬ 
ordnung und gesichertes Gehalt eine geachtete Stellung im bürgerlichen 
Leben, forderte von jedem Eintretenden den Nachweis wissenschaftlicher 
Kenntnisse und begründete also eine Aristokratie der Bildung neben der 
alten Gliederung der Geburtsstände. Bald strömten die besten Köpfe des 
Adels und des Bürgertums der neuen regierenden Klasse zu, und das 
preußische Beamtentum wrwde für lange Jahre die feste Stütze des deutschen 
Staatsgedankens. 
Zu der Steuerpflicht, welche der Große Kurfürst seinen Untertanen 
auferlegt hatte, fügte Friedrich Wilhelm I. die Wehrpflicht und die Schul¬ 
pflicht hinzu. Er erkannte, daß sein Staat nur durch die Anspannung 
aller Kräfte bestehen und auch die Kosten der Werbungen auf die Dauer 
nicht erschwingen konnte. Unter den Staatsmännern des neuen Europas 
sprach er zuerst den Grundsatz aus: „Jeder Untertan wird für die Waffen 
geboren!" und arbeitete fein Leben lang, sich diesem Ideal anzunähern, ein 
Heer von Landeskindern zu bilden. Das Kantonreglement von 1733 ver¬ 
kündete die Regel der allgemeinen Dienstpflicht. Freilich nur die Regel. 
Der Gedanke war noch unreif, da die lange Dienstzeit jener Epoche ihm 
schnurstracks zuwiderlief. Die Armut des Landes und die Macht der 
ständischen Vorurteile zwangen den König, zahlreiche Ausnahmen zuzulassen, 
und selbst die also beschränkte Wehrpflicht konnte nicht vollständig durch¬ 
geführt werden. — Unbesiegbar blieb der stille Widerstand gegen die un¬ 
erhörte Neuerung, der Abscheu des Volkes vor dem langen und harten 
Dienste. Selten gelang es, mehr als die Hälfte des Heeres mit ein¬ 
heimischen Kantonisten zu füllen; der Rest ward durch Werbungen gedeckt. 
Der Süden und Westen des Reiches wurde das ergiebigste Werbegebiet 
der preußischen Regimenter, und jene Kleinfürsten in Schwaben und am 
Rhein, die in Preußen ihren furchtbaren Gegner sahen, halfen selber die 
Kriegsmacht ihres Feindes verstärken. 
Das Heer bot dem Könige die Mittel, den ansässigen Adel mit der 
monarchischen Ordnung zu versöhnen. Friedrich Wilhelms organisatorischer
	        
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