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Die kleine Scheidegg führt aus dem Grindelwaldthal über die
Wengernalp in das von der weißen Lütschine durchflossene enge
Lauterbrunnenthal, das von den erhabensten Bergen umstellt und
geschloffen ist, dazu „lauter Brunnen" und Wasserfälle hat. Unweit des
Ortes Lauterbrunnen stürzt der vielbesungene Staubbach über
eine Felswand herab.
„Der Wandrer sieht am Himmel Ströme fließen,
Die aus den Wolken fliehn und sich in Wolken gießen."
Die in der trockenen Jahreszeit geringe Waffermenge fällt von einer
300 m hohen Felswald herab, deren oberer Rand über den Fluß hinaus
zu ragen scheint, so daß der Wind das Wasser gleich erfaßt, zum Teil
in Staub verwandelt, ehe es den Boden erreicht, und Wiesen und Bäume
weit im Umkreis wie mit Tau benetzt. Das Interessante des Falles ist,
daß der Charakter desselben mit jeder Tageszeit wechselt: anders ist er in
der frischen Morgenstunde, anders in der Mittagssonne, wenn der pracht¬
volle, durchsichtige Schleier, der von der Höhe des Felsen bis zum Fuße
herabwallt und durch den Luftzug einen stets wechselnden Faltenwurf an¬
nimmt, mit Regenbogenperlen durchwirkt scheint; anders in der Glut des
Abendrots, oder wenn er geisterhaft hohl vom Felsen in der Nacht
herabsäuselt. (Nach Daniel.)
Der große Aletschgletscher.
(Orientierung des Bildes: Rechts N., links S., oben W., unten O.).
1. 2age des Gletschers.
Zwischen den drei Gipfeln der Berner Alpen, der Jungfrau (im W.),
dem Finsteraarhorn (im O.) und dem Aletschhorn (im SSO. der
Jungfrau) breiten sich drei kolossale Firnmulden aus: Jungfraufirn, östlich
davon Ewigschneefirn (zwischen Jungfrau und Finsteraarhorn) und großer
Aletschfirn (zwischen Jungfrau und Aletschhorn). Diese Firnmulden nähren
den großen Aletschgletscher, der sich (22 Km lang) in majestätischem, nach
W. geöffneten Bogen im Osten des Aletschhorns dem Thale der Rhone
zu senkt, dem er sich in der Richtung nach Brieg nähert. Vgl. Atlas
von Debes, Kirchhofs und Kropatscheck S. 51.
2. Beschreibung des Bildes.
Der Vordergrund des Bildes versetzt uns auf das Eggishorn, den
höchsten Gipfel des Gebirgsgrats, der den großen Aletsch-Gletscher vom
oberen Rhonethal scheidet. Die umfassende und prächtige Rundsicht über
die Walliser und Berner Alpen ist auf dem Bilde zum Teil wieder¬
gegeben. Unmittelbar am nördlichen Fuße des Eggishorns breitet sich
der smaragdgrüne Mergelen-Sce aus, in welchem oft große Eisblöcke
schwimmen; westlich zieht sich die Eismasse des großen Aletsch-Gletschers
hin. Geradeaus, rechts im Hintergrund treten besonders hervor von links
nach rechts: Die Schneekapuze des Mönches, der Trugberg, die gewaltige