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3. Des Wassers Salzgehalt.
Das Wasser des Seees ist von bittersalzigem, unerträglichem Geschmack.
Das Schwimmen in demselben ist eher interessant als angenehm. Denn
dem an das Gesetz seiner Schwere gebundenen Menschen mag es selten
passieren, die Empfindungen eines Holzstllckes kennen zu lernen, welches,
in das Wasser geworfen, mit der Kraft des Wurfes wieder emporgeschnellt
wird. Besonders dadurch wird das Schwimmen erschwert, daß die hierzu
unentbehrlichen Beine nur mit Muhe unter Wasser gehalten werden
können. Es ist unmöglich unterzutauchen, nicht nur, weil das Wasser beim
Eindringen in die Augen heftige Schmerzen verursacht, sondern auch, weil
das mit Salz, Magnesia und Soda zur vollsten Sättigung vermischte
Meerwasser so schwer ist, daß es den menschlichen Körper mit Leichtigkeit
trägt. Wie stark der (zu 24,5 % bestimmte) Salzgehalt des Meeres ist,
konnte ich (schreibt Schneller) drüben auf der Insel beobachten. Denn
überall, wo ich den nassen Fuß auf den heißen Stein gesetzt hatte, bildeten
sich in wenigen Minuten große viereckige Salzkrystalle Ich konnte bequem
mit verschränkten Armen im Wasser stehen, wo das Meer unter mir schon
eine beträchtliche Tiefe hatte. Am mühelosesten kam ich durch einfaches
Schreiten vorwärts. Daß manche Reisende das Bad als unangenehm
schildern, kommt daher, daß sich das Wasser ölig anfühlt und sich der
Körper nach dem Bade gleichfalls mit einer Salzkruste überzieht.
4. Pflanzenwelt.
a) Des Westufers.
Wenn wir Ier. 48, 32 lesen, daß in israelitischer Zeit blühende
Weingärten am toten Meere standen, so ist der Grund ihres Verschwindens
nicht etwa in einer Zunahme der Unfruchtbarkeit, sondern in dem Auf¬
hören jeglichen menschlichen Fleißes zu suchen. Wie fruchtbar wäre heute
noch das herrliche Quellgebiet von Engeddi, wo die Erde jährlich eine
Menge wilder Citronen hervorbringt und die ganze Umgebung mit aroma¬
tischen Düften erfüllt, wenn man ihren Boden nur ein wenig bearbeitete!
Überhaupt giebt es am westlichen Ufer manche fruchtbare Stelle. Die
Ierichorosen zwar, welche hier vielfach wachsen und durch die Pilger alter
Zeiten in der ganzen Welt berühmt geworden sind, deuten nicht gerade
auf Fruchtbarkeit und sind ein mehr sinniges als anmutiges Symbol un¬
verwüstlicher Lebenskraft. Am Westufer giebt es Gegenden, wo wir im
Frühlinge an jeder Stelle, die nicht gerade nackter Fels, frischen, grünen
Graswuchs stnden, welcher sich bis, dicht an den Wellenschlag des toten
Meeres hindrängt; wo aus vielen Öffnungen des Bodens warmes Wasser
hervorsprudelt, dessen Temperatur merklich höher ist, als diejenige des Seees,
welcher (im März) elwa 16 °E. hat; an anderen Stellen treffen wir
hohen Schilfwald und allerlei Pflanzenwuchs bis dicht an die Fluten des
Salz-Seees. Rotblütige Oleanderbäume und hohe Tamarisken lassen uns
fast vergessen, daß wir am Ufer des toten Meeres stehen, dessen
nächster Strand wegen des vielen Naphthas und Schwefels, womit
die Erde durchsetzt ist, meist keine Vegetation hat. Am Westufer,
wo das Gebirge meist ganz steil vom Meere aufsteigt, giebt es freilich
weniger solche unfruchtbare Stellen als am Ostufer.