10. Persien. 
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entwickelungsfähig. Bedeutende Mengen an Erzen, Kupfer, Blei, 
Quecksilber, Marmor, Salpeter, Schwefel, Naphtha und Kohlen harren 
noch der Ausbeute. Besonders reich sind die Naphthalager der 
westpersischen Gebirgsketten. Allein kein Mensch denkt daran, all 
diese Schätze zu heben. 
Recht besehen darf Persien nicht nach dem beurteilt werden, 
was es uns heute ist, sondern nach dem, was es noch werden kann. 
Welcher Art sind unsere Äandelsinteressen heute? 
Am wichtigsten ist unsere Zuckereinfuhr nach Persien und unsere 
Teppich- und Gummiausfuhr von dort. Doch halten sich Ein- und 
Ausfuhr in bescheidenen Grenzen. 
Es ist für unsere Waren schwer, ins Land zu kommen. Im 
ganzen Perserreiche gibt es nämlich noch keine Eisenbahn, und die 
Perser scheuen sich, Engländern oder Russen die Erlaubnis zum 
Bau zu erteilen, weil sie deren Gelüste nach persischem Gebiete 
kennen, ^lnter diesen Umständen könnten deutsche Eisenbahnpläne 
wohl Erfolg haben, da Deutschland nicht in Verdacht kommen 
kann, dort Land erwerben zu wollen. 
Unsere Waren benützen zumeist eine alte Karawanenstraße, die 
von Trapezunt am Schwarzen Meer über Erzerum (in Arme¬ 
nien) nach Täbris sührt. Dieser Weg geht zwar durch die be- 
völkertsten und reichsten Gebiete Persiens. Er ist aber verfallen, im 
Sommer von Räubern bedroht, im Winter äußerst beschwerlich — 
zudem noch sehr kostspielig. Es können deshalb auch nur Waren 
von hohem Werte diesen Weg nehmen; denn sie allein vertragen 
hohe Fracht, und darum eine Erhöhung des Preises, weil sie von 
den Reichen gekauft werden. 
Viel günstiger wären die Wege über Rußland. Der eine führt 
über den Kaukasus nach Baku, von da über das Kaspische 
Meer nach Rescht und dann nach Teheran; ein anderer von 
Turkestan vom Norden her ins persische Land. Allein auch diese 
beiden Wege haben einen großen Fehler. Die russische Regierung 
belegt die durchgeführten Waren mit hohen Zöllen, fodaß die 
deutschen und österreichischen Äandelshäuser sehr ost lieber auf die 
Lieferung verzichten. So bleibt kein anderer Weg als der Seeweg 
übrig. 
Bis in die jüngste Zeit hinein beherrschten die Engländer den 
persischen Handel als unumschränkte Äerren, weil nur englische 
Dampser die Ääfen des Persischen Golss anliefen. Erst seitdem 
die Hamburg-Amerika-Linie von Arabien aus ihre Schiffe nach
	        
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