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Als Wilhelm IV., König von Großbritannien und Hannover,
kinderlos starb und seine Nichte Viktoria den englischen Thron bestieg,
fiel Hannover nach deutschem Erbrecht an den nächsten männlichen Erben,
einen jüngeren Bruder Wilhelms IV., Ernst August (1837—1851).
Die Personalunion Hannovers mit England war damit gelöst; die
geographische Lage von Hannover und die gleichartigen Beziehungen
zu Preußen schienen Hannover auf ein Zusammengehen niit dem uord-
deutschen Großstaat hinzuweisen, allein die Überlieferungen der alten
Welsenmacht lebten auch noch in den letzten Königen von Hannover
fort. Je entschiedener die Stellung war, welche Preußen in den
deutschen Angelegenheiten einnahm, desto mehr warf sich Hannover in
die Arme der Gegner Preußens, und als Preußen sich anschickte, die
deutsche Frage mit dem Schwerte zu lösen und Hannover aufforderte,
sich auf seine Seite zu stellen oder mindestens neutral zu bleiben, da
glaubte König Georg V. (1851—1866) dieses Verlangen ablehnen zu
sollen. In dem blutigen Treffen bei Langensalza (27. Juni 1866)
bewährten zwar die Hannoveraner den Ruf ihrer alten Tapferkeit, aber
zwei Tage darauf (29. Juni) mußte die ganze hannoversche Armee kapi-
tnlieren. König Georg begab sich nach Wien. Ein Friede wnrde von
Preußen mit Hannover nicht geschlossen, sondern da Preußen den Fort-
bestand eines ihm feindlichen Staates, der die beiden Hauptgebiete der
preußischen Monarchie trennte, mit seinen auf die Einigung des ge-
samten Deutschlands gerichteten Bestrebungen nicht vereinigen konnte,
so wurde Hannover durch die Staatsakte vom 20. September 1866
als besondere Provinz dem preußischen Staatsgebiete einverleibt.
Noch regierte zu Braunschweig die jüngere Linie des Welsenhanses.
Nachdem mit Herzog Wilhelm der letzte Sproß der Linie Braun-
schweig-Wolfenbüttel gestorben (1885), war die Geschichte eines der
ältesten deutschen Fürstenhäuser für Deutschland geschlossen, eines
Fürstenhauses, dessen Stammbaum hinaufreicht bis an die sagenhaften
Zeiten des ersten Eintretens unserer germanischen Vorfahren in die
Weltgeschichte, dessen Macht im Mittelalter unter seiuem gewaltigsten
Haupte, Heinrich dem Löwen, selbst die Macht des deutschen Kaiser-
tums überflügelte und dessen Besitzungen einst in allen Weltteilen lagen.
Mit Wehmut gedenkt der Niedersachse in Brannschweig und Hau-
uover des erhabenen Fürstengeschlechts, welches milde und freundlich
Jahrhunderte hindurch hier gewaltet hat, und es mag dem Volke von
Hannover nicht leicht werden, sich jetzt als Teil des deutschen Groß-
v. Köppen, Das Deutsche Reich. 12