26. Die Seen des Böhmerwaldes. 
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Thüringer Wald hinaus dehnen sich die Grenzen der Landschaft Thüringen, 
vom Werradurchbrnch im Nordwesten bis über die Saale hinaus im Süd- 
osteu, von dem Ufergelände der Werra im Süden bis an den Erhebungskranz 
im Norden, wo von den Höhen des Kyffhänsers das mächtigste Kaiserdenkmal 
herunterschaut in die fruchtbaren Gefilde der „Goldenen Aue". 
26* Die Seen des Vöhinerwaldes. 
Paul Wagner. 
Aus „Eine Geologisch-Geographische Studie". — Beiträge zur Geographie des mittleren Deutschland. 
Herausgegeben im Auftrage des Vereins für Erdkunde von Friedrich Ratzel. Wissenschaftliche Ver- 
öffentlichungen des Vereins für Erdkunde, I V. Band. S. tff. Verlag von Duncker<KHumblot, Leipzig. 1899. 
Mitten im Waldesgrün und Felsengewirr des böhmisch-bayrischen 
Grenzgebirges liegt eine Anzahl dunkler Seen, zum Teil so klein, daß die 
Wissenschaft sie nur mit dem Namen Gebirgsweiher bezeichnen möchte^). Tief- 
eingesenkt in die Flanken der höchsten Gipfel, werden sie überragt von einer 
hohen „Seewand", abgesperrt durch riesige Blockanhäufungen und rings 
umrahmt von hochstämmigem Nadelwald. „Ein gespanntes Tuch ohne 
eine einzige Falte" — sagt Ad. Stifter 2) vom Plöckensteinsee — liegt er 
weich iui harten Geklippe, gesäumt von einem dichten Fichtenbande, dunkel 
und ernst, daraus manch einzelner Urstamm deu ästelosen Schaft empor- 
streckt, wie eine altertümliche Säule. Gegenüber diesem Waldband steigt eiu 
Felsentheater lotrecht aus, wie eiue graue Mauer, nach jeder Richtung den- 
selben Ernst und Farbe breitend, nur geschnitten durch zarte Streifen grünen 
Mooses und sparsam bewachsen mit Schwarzföhren, die aber von solcher 
Höhe so klein aussehen wie RosmariUkräutleiu... Da iu diesem Becken 
buchstäblich uie ein Wind weht, so ruht das Wasser unbeweglich, und der 
Wald und die grauen Felsen und der Himmel schauen aus seiner Tiefe her¬ 
aus, wie aus einem ungeheuren schwarzen Glasspiegel. Über ihm steht eiu 
Fleckchen der tiefen, eintönigen Himmelsbläue. Mau kann hier tagelang 
weilen und sinnen, und kein Laut stört die durch das Gemüt sinkenden Ge- 
danken, als etwa der Fall einer Tannenfrucht oder der kurze Schrei eines 
Geiers. — Oft entstieg mir ein und derselbe Gedanke, wenn ich an diesen - 
Gestaden saß: als sei es eiu unheimliches Naturauge, das mich hier ansehe 
- tief schwarz, überragt von der Stirn und Braue der Felsen, gesäumt von 
1) Der Böhmerwald gehört zu den uralten Gebirgen des mitteleuropäischen Typus. Das 
Gebirge besteht im wesentlichen nur aus Granit und archäischen (urzeitlichen) Gesteinen: Gneis, 
Glimmerschiefer, Hornblende; Kalk fehlt ganz. 
Von den Seen befinden sich im Gebiete des Granits der Plöckensteinsee, 
„ „ „ Gneises die beiden Arberseen, 
„ „ „ Glimmerschiefers: Schwarzer- und Teufelssee, 
„ „ „ Gueisgliiumerfchiefers mit Granit: Lakkasee." 
Wagner, Geologifch-Geogr. Studie S. 37. 
2) Ad. Stifter, Studien, Bd. II, 1841. Der Hochwald.
	        
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