Full text: Bilder aus dem Lande Braunschweig

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schnitten. Ringsum zieht sich eine figurenreiche Darstellung. Die Göttin 
Demeter erscheint auf ihrem Schlangenwagen vor einem Tempel. Ihr 
nähern sich Frauen, welche Tiere und Früchte als Opfergaben dar¬ 
bringen. Ein junger Mann trägt einen Fruchtkorb, während eine 
dritte Frau noch damit beschäftigt ist, den ihren zu füllen. Auf der 
andern Seite treten Priesterinnen mit Fackeln herzu und noch ein 
Mädchen mit Früchten in einem Korbe. 
Das Werk, dessen Ausführung bei der ungemeinen Härte des 
Steines viele Jahre in Anspruch genommen hat, stammt aus der Zeit 
des Kaisers Tiberius. 
Keine Überlieferung sagt, wie dieser Salbkrug aus dem römischen 
Tempelschatze, dem er einstmals angehört, nach Mantua in die Schatz¬ 
kammer des herzoglichen Hauses gelangt ist. Von hier ab sind seine 
oft wunderbaren Irrfahrten bekannt. 
Herzog Franz Albrecht hinterließ den Onyx seiner Gattin, 
dann erbte ihn deren Schwester, die Gemahlin Herzog Augusts, und 
so kam er an das braunschweigische Haus. Herzog Karl I. ließ ihn 
mit andern Kostbarkeiten im Museum zu Braunschweig aufstellen. In 
jener bangen Nacht vom 17. zum 18. Oktober 1806 nahm ihn die 
flüchtende fürstliche Familie mit nach Glücksburg. Es war sehr nötig 
gewesen, ihn zu retten, denn bald erschien Denon, um neben andern 
Kunstwerken auch dies Kleinod wegzunehmen. Als er es weder im 
Schlosse, noch im Museum vorfand, rief er aus: „Wir müssen dies 
Gefäß durchaus haben, und wir werden es wiederfinden, sei es in 
Petersburg, oder sei es in London!" 
Die Franzosen versprachen, einen bedeutenden Teil der Kriegsgelder 
zu erlassen, wenn das Krüglein herbeigeschafft würde. Dem Herzog 
Friedrich Wilhelm wurden 150000 Thaler angeboten, damit er das¬ 
selbe ausliefere, aber alles vergebens. 
Als bei der stets wachsenden Macht Napoleons auch der König 
von Dänemark zu dem französischen Kaiser in ein näheres Verhältniß 
trat, so daß er alles, was dieser forderte, zu leisten genötigt war, 
tauchte die Befürchtung auf, daß Napoleon das Onyxgefäß von der 
dänischen Regierung fordern und diese sich nicht weigern könnte, es 
auszuliefern. Diese Besorgnis beunruhigte den in England lebenden 
Herzog Friedrich Wilhelm und deffen Mutter. Sie gaben also im Jahre 
1810 dem Oberst von Nordenfels den Auftrag, dies vorzüglichste 
Georg-Eckert-Institut 
für international« 
Schuiojchfcrschung 
Braunschweig 
-Schuibuchbibliothek -
	        
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