20
schienen, und zwar erstaunlich rasch, wegziehen könne. Die Knaben,
die in großer Zahl vorhanden waren, ergötzten sich an der ungewohnten
Erscheinung der Maschine, die sogar rückwärts ging. Unter den Er¬
wachsenen schüttelten viele ungläubig den Kopf, wenn von der wunder¬
baren Kraft des Dampfwagens gesprochen wurde; andere klagten, daß
nun die Frachtfuhrleute und Gastwirte verarmen würden.
Der Festzug stand bereit. Vorn die blinkende Maschine, die aus
England gekommen war, mit ihren zahlreichen Hebeln und dem glänzen-
. den Dome, der von der Wärme des Dampfes in wechselnden Farben
schillerte. Auf der Maschine stand der englische Maschinenmeister, im
dunkelblauen Anzuge, den schwarzen Hut auf dem Kopfe. Hinter der
Maschine war der Wagen des Herzogs Wilhelm angekuppelt. Es war
dies aber nicht einer jener prachtvollen Salonwagen aus fürstlichen
Wagenzügen der Neuzeit, sondern man hatte eine herzogliche Kutsche
auf einen niedrigen Eisenbahnwagen gesetzt und sorgfältig befestigt.
Dann folgten sämtliche Wagen der Bahn, sieben Stück. Es waren
dies kleine, vierräderige Omnibuswagen. Die 1. Klasse hatte Fenster
und schmale, gepolsterte Sitze; die 2. hatte nur leinene Vorhänge,
während der 3. jede Bedachung fehlte, so daß Rauch und Kohlenstückchen
die Reisenden belästigten.
Nachdem nun der Herzog Wilhelm sowie die geladenen Teilnehmer
den Festzug bestiegen und die beiden Schaffner die Thüren geschlossen
hatten, verließ der Zug den Bahnhof. Dicht an das Geleise gedrängt
stand die neugierige Menge und jubelte den Fahrgästen zu. Bis weit
zur Stadt hinaus waren die Leute gelaufen. Lautes Angstgeschrei er-
ertönte, wenn zuweilen die Allernächsten durch einen kräftigen Wasser¬
strahl aus der Speisepumpe zurückgetrieben wurden. Die Telegraphen
mit ihren runden Weidenkörben meldeten den nahenden Zug, der gegen
den Wind kurzatmig, puffend und stöhnend, aber unverdrossen, an¬
strebte. Zur Sicherheit war kurze Zeit vorher ein anderer Dampfwagen,
ebenfalls unter Leitung eines Engländers, vorausgefahren.
Bald war Wolfenbüttel und damit das Ende der Bahn erreicht.
Der Zug hatte die 12 Kilometer lange Strecke in etwa 20 Minuten
zurückgelegt. Hinter dem schlichten Stationsgebäude war eine Brücke
über die Oker geschlagen und auf dieser begaben sich die Festteilnehmer
nach dem sogenannten kleinen Schlosse, wo ein von dem Herzoge gege¬
benes Frühstück bereit stand. Wenige Stunden später dampfte der Zug