Full text: Deutschlands Kolonien

b) Aus den Berichten der Reisenden und Forscher. 
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So kurze Tage, wie unsere'Dezembertage, und so kurze Rächte, wie 
unsere Juünächte kommen nicht vor. Zwischen 6 und 7 Uhr geht die 
Sonne unter und frühestens zwischen 5 und 6 Uhr wieder auf. Zum 
Abendbrot mußten wir um 7 Uhr stets Licht brennen. Es fehlt eben die 
Uebergangsbeleuchtung, die Abend- und Morgendämmerung: ebenso 
plötzlich und herrlich, wie die Sonne in ihrer ganzen Pracht am 
Horizont erscheint, so plötzlich strahlt sie auch ihre oft recht drückende 
Wärme aus, die ebenso schnell abends in herbe Kälte umschlägt. 
Die Regenzeit. Z 
Wahrhaft tropisch kann man die Niederschläge nennen, welche die 
Wolken in einer guten Regenzeit über den Hochländern des Innern ent¬ 
laden. Dann ist der Himmel im Januar und Februar mit großer Regel¬ 
mäßigkeit an den Vormittagen klar und von reiner, tiefer Bläue. Gegen 
11 Uhr zeigt sich weißliches Hanfengewölk, das immer mehr an Aus¬ 
dehnung zunimmt. Hat der Wind einen oder mehrere Tage aus nörd¬ 
licher Richtung geweht, so ballen sich nach der Mittagszeit die Wolken 
dichter zusammen, bis schließlich eine dunkle Wand den nördlichen und 
östlichen Horizont bedeckt. Gegen 2 Uhr nachmittags ertönt gewöhnlich 
der erste Donner, denn die meisten Güsse dieses Landes sind von elek¬ 
trischen Entladungen begleitet. Dann erwacht der Gewitterwind, und in¬ 
dem er über das Thal dahinbraust, bringt er eine plötzliche Kühle mit 
sich. Und nun dauert es nicht mehr lange, dann sieht man, wie die 
schwarze Wand heranrückt, eine Höhe nach der anderen in ihren Schleiern 
verbergend. Noch einige Minuten, und es prasselt los mit einer Gewalt, 
von der man sich bei uns keinen Begriff machen kann. Die ungeheuren 
Tropfen folgen sich oft mit solcher Geschwindigkeit und Stärke, daß es 
nicht möglich ist, Häuser oder Bäume, die weiter als 50 m entfernt sind, 
zu erkennen. Dabei verursachen die niedergießenden Wassermassen ein 
Prasseln und Tosen ans den Dächern, daß man die Stimme zu einem 
lauten Geschrei erheben muß, um sich verständlich zu machen, und daß das 
Rollen des Donners zeitweilig von dem Lärmen des Regens vollständig 
übertönt wird. Draußen kommen nicht allein die Flüsse unter lautem 
Getche herangejagt, sondern von allen Anhöhen und Abhängen stürmen 
im Augenblick entstandene Bäche herab, Wege und Kraalwände zerreißend, 
sich neue Thäler grabend und hie und da einen sich entgegenstellenden 
Baum entwurzelnd. Wen aber sein Unstern im Freien von einem solchen 
Tropenregen überrascht werden läßt, der ist binnen drei Sekunden bis 
ans die Haut durchnäßt, denn kein Schirm ist im stände, diese herab¬ 
schießenden Wasserstrahlen abzuhalten. 
h Or. K. Dove: „Südwestafrika", S. 167 bis 169.
	        
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