b) Aus den Berichten der Reisenden und Forscher.
73
So kurze Tage, wie unsere'Dezembertage, und so kurze Rächte, wie
unsere Juünächte kommen nicht vor. Zwischen 6 und 7 Uhr geht die
Sonne unter und frühestens zwischen 5 und 6 Uhr wieder auf. Zum
Abendbrot mußten wir um 7 Uhr stets Licht brennen. Es fehlt eben die
Uebergangsbeleuchtung, die Abend- und Morgendämmerung: ebenso
plötzlich und herrlich, wie die Sonne in ihrer ganzen Pracht am
Horizont erscheint, so plötzlich strahlt sie auch ihre oft recht drückende
Wärme aus, die ebenso schnell abends in herbe Kälte umschlägt.
Die Regenzeit. Z
Wahrhaft tropisch kann man die Niederschläge nennen, welche die
Wolken in einer guten Regenzeit über den Hochländern des Innern ent¬
laden. Dann ist der Himmel im Januar und Februar mit großer Regel¬
mäßigkeit an den Vormittagen klar und von reiner, tiefer Bläue. Gegen
11 Uhr zeigt sich weißliches Hanfengewölk, das immer mehr an Aus¬
dehnung zunimmt. Hat der Wind einen oder mehrere Tage aus nörd¬
licher Richtung geweht, so ballen sich nach der Mittagszeit die Wolken
dichter zusammen, bis schließlich eine dunkle Wand den nördlichen und
östlichen Horizont bedeckt. Gegen 2 Uhr nachmittags ertönt gewöhnlich
der erste Donner, denn die meisten Güsse dieses Landes sind von elek¬
trischen Entladungen begleitet. Dann erwacht der Gewitterwind, und in¬
dem er über das Thal dahinbraust, bringt er eine plötzliche Kühle mit
sich. Und nun dauert es nicht mehr lange, dann sieht man, wie die
schwarze Wand heranrückt, eine Höhe nach der anderen in ihren Schleiern
verbergend. Noch einige Minuten, und es prasselt los mit einer Gewalt,
von der man sich bei uns keinen Begriff machen kann. Die ungeheuren
Tropfen folgen sich oft mit solcher Geschwindigkeit und Stärke, daß es
nicht möglich ist, Häuser oder Bäume, die weiter als 50 m entfernt sind,
zu erkennen. Dabei verursachen die niedergießenden Wassermassen ein
Prasseln und Tosen ans den Dächern, daß man die Stimme zu einem
lauten Geschrei erheben muß, um sich verständlich zu machen, und daß das
Rollen des Donners zeitweilig von dem Lärmen des Regens vollständig
übertönt wird. Draußen kommen nicht allein die Flüsse unter lautem
Getche herangejagt, sondern von allen Anhöhen und Abhängen stürmen
im Augenblick entstandene Bäche herab, Wege und Kraalwände zerreißend,
sich neue Thäler grabend und hie und da einen sich entgegenstellenden
Baum entwurzelnd. Wen aber sein Unstern im Freien von einem solchen
Tropenregen überrascht werden läßt, der ist binnen drei Sekunden bis
ans die Haut durchnäßt, denn kein Schirm ist im stände, diese herab¬
schießenden Wasserstrahlen abzuhalten.
h Or. K. Dove: „Südwestafrika", S. 167 bis 169.