Full text: Deutschlands Kolonien

b) Aus den Berichten der Reisenden und Forscher. 
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mit Ausnahme ihrer etwas größeren Breite von europäischen kaum unter¬ 
scheiden, wie sanft bis stark gebogene, die dann den betreffenden Personen 
meist jenen jüdischen Typus verleihen, den man bei allen hell- und dunkel¬ 
farbigen Völkern der Südsee vereinzelt antrisft. Der Mund ist groß, mit 
vollen, breiten, braunen, zuweilen rot durchscheinenden Lippen; mitunter 
trifft man auch europäisch geformte, kaum etwas dickere Lippen. Die 
großen, regelmäßigen Zähne tragen blendenden Schmelz. Die Ohrläppchen 
liebt der Marshallaner vermittels Durchbohrens und Einlegens von 
schweren Gegenständen ganz ihrer natürlichen Gestalt zu berauben, so daß 
sie oft bis aus die Schultern herabhängen, oft auch durchreißen. Auf¬ 
fallend klein sind die übrigens platten Füße. Im ganzen ist das weibliche 
Geschlecht kleiner und schwächer entwickelt als das männliche, dafür aber 
auch gelenkiger und beweglicher. So läßt sich z. B. der Knochen des 
Unterarmes am weiblichen Ellbogen gleich leicht nach innen wie nach 
außen biegen. In der Jugend sind die Frauen sehr hübsche Erscheinungen 
mit wohlgeformter Büste und rundem Gesicht. Dem Alter freilich hastet 
auch hier, besonders wenn es sich nur mäßig verhüllt zeigt, die Häßlich¬ 
keit an, bisweilen abschreckende Häßlichkeit. Sie altern, bevor sie die volle 
Blüte erreicht haben. 
Religiöse Anschauungen der Radackmsulaner.ff 
Die Bewohner von Radack verehren einen unsichtbaren Gott im 
Himmel und bringen ihm ohne Tempel und Priester einfache Opfer von 
Früchten dar. In der Sprache bedeutet Jageach Gott, der Name des 
Gottes ist Anis. • Bei zu unternehmenden Kriegen und ähnlichen Ge¬ 
legenheiten finden feierliche Opfer statt; die Handlung geschieht im Freien. 
Einer aus der Versammlung, nicht der Chef, weihet dem Gotte die Früchte 
durch Emporhalten und Anrufen; die Formel ist: Gidien Anis mne jeo, 
das letzte Wort wiederholt das versammelte Volk. Wenn ein Hausvater 
zum Fischfang ausfährt oder etwas ihm wichtiges unternimmt, so opfert 
er unter den Seinen. Es giebt auf verschiedenen Inseln heilige Bäume, 
Kokospalmen, in deren Krone sich Anis niederläßt. Um den Fuß eines 
solchen Baumes sind vier Balken im Viereck gelegt. Es scheint nicht ver¬ 
boten zu sein, in den Raum, den sie einschließen, zu treten, und die 
Früchte des Baumes werden von den Menschen gegessen. 
Die Operation des Tatuirens steht aus Radack in Beziehung mit dem 
religiösen Glauben und darf ohne gewisse göttliche Zeichen nicht unter¬ 
nommen werden. Die, welche tatuiert zu werden begehren, bringen die 
Nacht in einem Hause zu, auf welches der Chef, welcher die Operation 
vollziehen soll, den Gott herab beschwört; ein vernehmbarer Ton, ein 
Pfeifen, soll seine Zustimmung kund geben. Bleibt dieses Zeichen aus, 
ff Chamisso bei Kotzebue, Entdeckungsreise, Bd. 3, S. 117. 
Seidel, Koloniales Lesebuch.
	        
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