Full text: Geographie als erweiterte und vertiefte Heimatkunde

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Werdens: Der Volksschule fehlt heute uoch eine Entwicklung 
aus ihrem Wesen heraus. Sie steckt in einer Zwangsjacke, die sie 
scheinbar nicht abzuwerfen vermag. Das zeigt sich namentlich in der 
Gestaltung des Lehrplans, also in der Stoffauswahl und -bewertung, 
nicht mehr so sehr in der Methode, in der Stoffgestaltung und -ver- 
wertuug. Bezüglich der Methode sind wir sicherlich vorwärts ge- 
kommen. Vom Vorsagen und Einpauken sind wir über das Sokra- 
tisieren und Entwickeln zur plastischen Erzählung und zum freien 
Lehrgespräch vorgeschritten. Über die EinPrägung der Ergebnisse 
stellen wir das Erarbeiten und Gewinnen der Wahrheiten. Von der 
Reproduktion streben wir zur Produktion, von der Erkenntnis zum 
Erleben, vom Wissen zur Bildung. Und doch! Die unleugbar vor- 
geschoben entwickelte Methode kann nicht recht zur Geltung kommen, 
weil die Stoffrage nicht mit vorwärts gegangen ist. Gewiß! Die 
Volksschule hat neue Fächer eingegliedert, sie hat die alten Fächer 
mit neuem Stoff gefüllt, sie hat Veraltetes herausgeworfen. Aber 
das sind eigentlich mehr graduelle Fortschritte, nicht prinzipielle, mehr 
quantitative als qualitative. Heute noch wie seit Entstehung der 
Volksschule zerlegen wir die lebendige Einheit um uns in tote Einzel- 
heiten. Heute noch herrscht bezüglich des Stoffes das System. Den 
Gesamtstoff gliedern wir in ein System von Fächern, das einzelne 
Fach zerlegen wir womöglich, wie z. B. beim Deutsch, in Unterfächer, 
die Stoffauswahl geschieht mehr oder weniger unter dem Einfluß 
des Systems der entsprechenden Wissenschaft. Das aber steht meines 
Erachtens im Gegensatz zum Wesen der Volksschule. Dieser unglück- 
liehen Systemherrschaft verdanken wir es, daß wir Stoffe mit uns 
herumschleppen, die dem Leben vollständig fremd geworden sind. Der 
Systemherrschaft oder richtiger der Systemknechtschaft ist aber noch 
mehr auf das Schuldkonto zu setzen. Daß wir unsere Kinder alle 
Stunden in einen andern Gedankenkreis Wersen müssen, daß wir oft 
unvermittelt dort einen Abschluß macheu müssen, wo die Seele nach 
mehr dürstet, daß wir überhaupt den Stoff in Stuudeuhäppchen zer- 
fasern müssen, daß wir das Fachlehrersystem und damit die Stoff- 
Überfütterung immer mehr sich ausbreiten fehen, daß Drill so oft 
noch höher geschätzt wird als Kräftewecken: das alles ist zum großen 
Teil durch das Dominieren des Systems verursacht. 
Zur Stütze des jetzigen Zustandes wird angeführt, daß das Kind 
die verwirrende Fülle des Lebens nicht zu faffen vermöge, daß das 
System teilen und herrschen helfe. Das gilt aber doch nur für den,
	        
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