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die einfachen ästhetischen Urteile erfahrungsgemäß gewonnen werden.
Ebenso natürlich auch die Raumvorstellungen im allgemeinen. Mit
Hilfe dieser Grundanschauungen muß das Kind durch eine zwar
geregelte, aber lebhafte Phantasie lernen, alles das sich vorzustellen,
was nicht schaubar ist. Da hilft die vermittelnde Anschauung; da
helfen Anschauungsstützen, die der Heimat entlehnt werden und die
Auffassung fremder Verhältnisse erleichtern.
Die Heimat ist eine Welt im kleinen, ist ein Abbild der geo-
graphischen Verhältnisse im großen. „Die Natur ist in jedem
Winkel der Erde ein Abglanz des Ganzen." (Humboldt.)
„In den Verhältnissen der Lokalitäten des heimatlichen Bodens
liegen zugleich die Verhältnisse des Ganzen." (Ritter.)
„Die heimatliche Landschaft soll ein Ur- und Musterbild abgeben,
mit dem die fernen Gegenstände verstanden werden." (Stoy.)
Die Heimat ist also das Medium, dessen wir uns bedienen, um
eine sichere und richtige Auffassung fremder Länder zu erzielen. Und
der darstellende Unterricht ist das Mittel dazu.
„Der darstellende Unterricht ist die Aneignung des Fremden
und Fernen durchs Heimatliche. Er will aus den im Erfahrungs-
kreise des Zöglings liegenden Elementen zusammensetzen, so daß die
Täuschung in ihm entsteht, als ob er wirklich gesehen, sinnlich wahr-
genommen habe." (Ziller.)
Die ganze Arbeit des geographischen Unterrichts erscheint somit
als eine durch Wort (und Bild) bewirkte Weckung und Verbindung
in der Seele schon vorhandener Elemente. Diese Grundanschauungen
müssen immer lebendig erhalten werden, um hier zu diesem, dort zu
jenem Stück der Fremde zusammengesetzt werden zu können. Ehe
sie aber Baumaterial für Neues abgeben können, müssen sie einmal
Selbstzweck gewesen sein. Man glaube nicht, diese Vorstellungen
bildeten sich ohne Zutun, durch bloßen Verkehr des Kindes in der
Heimat. Es ist durchaus nötig, diese verschwommenen Vorstellungen
in klare umzuwandeln. Dazu ist es nötig, den Gegenstand möglichst
mit allen Sinnen wahrzunehmen. Es handelt sich nicht bloß um
Gesichtsvorstelluugen, wenn auch in erster Linie um solche. Erst
wenn das Kind seine Heimat oder wenigstens Teile davon mit allen
Sinnen erfaßt hat und auch das anschaulichste, prägnanteste, aus
der Situation herausgewachsene sprachliche Gewand für die Vor-
stellungen erhalten hat, ist es imstande, aus Schilderungen Nutzen
zu ziehen. Das anschauliche Vorstellen dessen, was hinten den Worten