Full text: Geographie als erweiterte und vertiefte Heimatkunde

— 21 — 
die einfachen ästhetischen Urteile erfahrungsgemäß gewonnen werden. 
Ebenso natürlich auch die Raumvorstellungen im allgemeinen. Mit 
Hilfe dieser Grundanschauungen muß das Kind durch eine zwar 
geregelte, aber lebhafte Phantasie lernen, alles das sich vorzustellen, 
was nicht schaubar ist. Da hilft die vermittelnde Anschauung; da 
helfen Anschauungsstützen, die der Heimat entlehnt werden und die 
Auffassung fremder Verhältnisse erleichtern. 
Die Heimat ist eine Welt im kleinen, ist ein Abbild der geo- 
graphischen Verhältnisse im großen. „Die Natur ist in jedem 
Winkel der Erde ein Abglanz des Ganzen." (Humboldt.) 
„In den Verhältnissen der Lokalitäten des heimatlichen Bodens 
liegen zugleich die Verhältnisse des Ganzen." (Ritter.) 
„Die heimatliche Landschaft soll ein Ur- und Musterbild abgeben, 
mit dem die fernen Gegenstände verstanden werden." (Stoy.) 
Die Heimat ist also das Medium, dessen wir uns bedienen, um 
eine sichere und richtige Auffassung fremder Länder zu erzielen. Und 
der darstellende Unterricht ist das Mittel dazu. 
„Der darstellende Unterricht ist die Aneignung des Fremden 
und Fernen durchs Heimatliche. Er will aus den im Erfahrungs- 
kreise des Zöglings liegenden Elementen zusammensetzen, so daß die 
Täuschung in ihm entsteht, als ob er wirklich gesehen, sinnlich wahr- 
genommen habe." (Ziller.) 
Die ganze Arbeit des geographischen Unterrichts erscheint somit 
als eine durch Wort (und Bild) bewirkte Weckung und Verbindung 
in der Seele schon vorhandener Elemente. Diese Grundanschauungen 
müssen immer lebendig erhalten werden, um hier zu diesem, dort zu 
jenem Stück der Fremde zusammengesetzt werden zu können. Ehe 
sie aber Baumaterial für Neues abgeben können, müssen sie einmal 
Selbstzweck gewesen sein. Man glaube nicht, diese Vorstellungen 
bildeten sich ohne Zutun, durch bloßen Verkehr des Kindes in der 
Heimat. Es ist durchaus nötig, diese verschwommenen Vorstellungen 
in klare umzuwandeln. Dazu ist es nötig, den Gegenstand möglichst 
mit allen Sinnen wahrzunehmen. Es handelt sich nicht bloß um 
Gesichtsvorstelluugen, wenn auch in erster Linie um solche. Erst 
wenn das Kind seine Heimat oder wenigstens Teile davon mit allen 
Sinnen erfaßt hat und auch das anschaulichste, prägnanteste, aus 
der Situation herausgewachsene sprachliche Gewand für die Vor- 
stellungen erhalten hat, ist es imstande, aus Schilderungen Nutzen 
zu ziehen. Das anschauliche Vorstellen dessen, was hinten den Worten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.