Full text: Geographie als erweiterte und vertiefte Heimatkunde

I. Cbeoretifcber CeiU 
Überall auf dem Gebiete der Pädagogik sind die Massen in leb- 
haster Bewegung. Neues strebt zur Oberfläche, Altes kämpft mit 
dem Untersinken. Noch läßt sich nicht klar überschauen, was als 
Ganzes aus dem Drängen und Gären geboren werden wird. Aber 
soviel ist doch schon zu erkennen, daß das Neue einen Fortschritt 
und ein Ausschreiten bedeuten wird. Daran ist nicht zu zweifeln, 
trotz gelegentlicher Rückschritte im einzelnen. Was ist nun das Cha- 
rakteristische des Umwandlungsprozesses, den wir heute durchleben? 
Immer stürmischer rüttelt die Gegenwart an dem altersgrauen Götzen 
„Wissen" und an den ihm zur Seite stehenden Idolen „Vollständig- 
feit" und „System". Wohl? Wissen ist Macht, aber Bildung ist 
Kraft! Und die „Kraft ist einer der Endbegrisse, einer der tiessten 
und weitesten Begriffe" (vi-. Pudor). Und wie die Sage der Alten 
in tief symbolischer Gestaltung den Antäos immer neue Kraft aus 
seiner Mutter Erde gewinnen läßt, so können auch wir nur aus der 
Scholle, die uns geboren, die uns trägt und die uns ihre Eigen- 
art aufdrückt, jene Macht erlangen, die wir „bodenständige" Bil- 
dung nennen. Wirklichkeits- und Gegenwartsmenschen wollen wir 
erziehen: Menschen, die sich im heutigen Leben zurechtfinden, die ihren 
Anteil zu nehmen wissen auch vom edlen Genuß des Lebens und 
die befähigt sind, nach Maßgabe ihrer Kraft mitzuarbeiten auch an 
dem Fortschritt des Lebens. Das alles aber wird zum großen Teil 
nur möglich sein, wenn wir den Unterricht mit beiden Füßen sest auf 
den Boden stellen, wenn wir viel mehr als bisher die heimische Erde 
mit all ihrer Mannigfaltigkeit und in ihrer Totalität zum Brenn- 
punkte unseres Lehrens und Lernens machen. Herein mit dem flutenden 
Leben in die Schulstube, hinaus mit so vielem Wust und Staub ver- 
gangen er Jahrhunderte? 
Die Volksschule krankt noch zu sehr an ihrer historischen Ent- 
Wicklung. Entstanden im Anschluß und noch mehr nach dem Vorbild 
der Gelehrtenschulen, trägt sie heute noch deutlich das Gepräge ihres.
	        
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