— 91 — 
09. Die Insekten. 
Früher betrachtete man die Insekten als eine besondere Thierklasse 
gleich den Säugethieren, Vögeln, Amphibien, Fischen; jetzt setzt man 
dieselben in eine Klasse mit den Würmern und heißt alle zusammen 
Gliederthiere. Krebse und Spinnen werden dann auch nicht mehr zu den 
Insekten gerechnet, wohl aber noch zu den Gliederthieren. Die eigent¬ 
lichen Insekten zeichnen sich aus durch die Einschnitte (Kerben) ihres 
Leibes, wodurch Kops, Brust und Leib deutlich von einander geschieden 
sind, wovon der Leib aber mehrere enthält. Statt der Knochen besitzen 
sie eine harte Haut, in der Regel 6 Füße, niemals weniger, die meisten 
Arten auch 4 Flügel, daneben 2 Fühlhörner. Auch mit 2 Augen haben 
viele nicht genug, manche haben noch drei andere dahinter sitzen. Noch 
merkwürdig ist aber die Verwandlung der meisten Insekten. Sie gehen 
zwar alle aus Eiern hervor, aber nicht sogleich in ihrer späteren voll- 
kommneren Gestalt, sondern zuerst als Raupen oder Maden, welche zu¬ 
sammen auch Larven heißen. Diese sind alle ungeflügelt, die Raupen 
vielfüßig, die Maden fußlos, fast durchgeheuds höchst gefräßige und wenn 
man von der Farbe absieht, sehr häßliche Thiere. Sie häuten sich erst 
mehrmals und verwandeln sich endlich in Puppen. Die Puppe scheint 
kaum den Namen eines Thieres zu verdienen, so gefühllos und bewe¬ 
gungslos liegt sie da, in einen häutigen Sack gehüllt, oft noch von einem 
eigenen Gespinnst umgeben. Selbst Nahrung nehmen nur wenige Pup¬ 
pen zu sich. Bald aber entwickelt sich aus dieser unförmlichen Masse 
das vollkommene Insekt, welches theils durch seine Flügel, theils durch 
die längeren und gegliederten Beinen zur schnellen Bewegung geschickt ist. 
Von den vollkommenen Insekten sind manche noch ebenso gefräßig wie 
die Larven, z. B. die Heuschrecken, die Maikäfer; andere dagegen nehmen 
fast gar keine Nahrung zu sich, wie die Schmetterlinge. Auch ist die 
Lebensdauer derselben meistens eine kurze. Ein Jahr ist schon ein seltener 
Fall, über 4 Jahre scheint kein Insekt in seiner vollkommnen Gestalt zu 
dauern. Meistens stirbt das Weibchen sogleich nach dem Eierlegen. Die 
Geschlechtslosen, welche es neben den Männchen und Weibchen einiger Arten 
z. B. der Bienen gibt, scheinen am längsten $u leben. 
Die Zahl der Insekten ist unermeßlich groß. An 50 000 verschiedene 
Arten befinden sich in den verschiedenen Naturaliensammlungen, worunter 
an 20 000 europäische; und wie unermeßlich groß ist nicht wieder die 
Menge jeder einzelen Art; wie groß z. B. die Menge der Stuben¬ 
fliegen, der Flöhe, der Blattläuse, der Ameisen u. s. w. Nur wenige 
Insekten verschaffen uns unmittelbaren Nutzen, wie die Bienen und der 
Seidenspinner; desto mehrere aber gibt es, die uns erschrecklichen Schaden 
zufügen. Die mehr oder weniger starke Vermehrung jeder einzelen Jn- 
sektenart hängt vorzüglich von der günstigen oder ungünstigen Witterung 
ab. In manchen Jahren werden unsere Wälder, Baum- und Küchen¬ 
gärten, Wiesen, Felder, ganz zerfressen und verheert, während wir sie in 
anderen Jahren nur unbedeutend zerstört, in schönster Pracht sehen. In 
manchem Jahre erscheineil gewisse Insekten in außerordentlicher Menge, 
und dantt vielleicht wieder mehrere Jahre lang bemerkt man sie kaum. 
Die meisten Jnsektenarten gedeihen am besten bei warmer und trockner 
Sommerwitterung und bei einem trocknen Winter mit reichlichem Schnee.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.