Full text: Griechisch-römische Altertumskunde

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§ 44- Der ProzeKgang. 
Die Einleitung des Prozesses steht dem Ankläger zu; während 
er bei uns bloß die Klage einzureichen hat, mußte er tu Rom den 
Beklagten im Civilprozeß auch zur Stelle schaffen. (Er hatte zu dem 
ßmedte das Recht, den Beklagten aufzufordern, ihm unverzüglich vor 
den Prätor zu folgen und durfte ihn sogar dazu unter Zuziehung von 
Zeugen zwingen (vgl. Hör. sat. I. 9). Doch verständigten sich die 
beiden Parteien zumeist über den ersten Termin durch eme freiwillige 
Bürgschaft. 
Die wichtigsten Teile des Prozeßverfahrens sind die 
Untersuchung und das Urteil (oder die Urteilsfindung und der Ur- 
teilsspruch) und zwar sowohl im Civil- wie im Kriminalprozesse. 
§ 45. Der Civilprozetz. 
Der Verlauf des Civilprozesses war folgender: 
a) Vorverhandlung beim Prätor. Der Kläger bringt beim 
Prätor seine Klage gegen den Beklagten vor, und letzterer stellt 
ihr seine Auffassung entgegen. Nachdem der Prätor so erfahren, 
was beide Parteien wollen, legt er ihnen das album iudicum, 
welches die angesehensten Männer Roms (Senatoren, Ritter) um- 
faßte vor; die drei einigen sich nun über den iudex, bezw. ar- 
biter. Alles dieses schreibt der Prätor in der formula nieder. 
b) Verhandlung vor dem iudex. Die beiden Parteien zeigen 
zunächst dem iudex ihr formula, woraus er seine Wahl zum 
Richter und den Gegenstand des Prozesses ersteht; dann bestimmt 
er ihnen einen Termin zur Untersuchung und Entscheidung. 3n 
diesem entscheidenden Termine erteilt er zuerst dem Klager das 
Wort, sodann dem Beklagten. Nach Beendigung dieser zwei 
Reden gestattet er beiden noch eine freie Aussprache in Frage 
und Antwort (altercatio). Darauf geht er mit seinem Beirat 
(consilium iudicum) zur Findung des Urteils ab. Das Urteil 
wird dann verkündigt und ist unabänderlich (res iudicata). 
Die Prozesse sollten womöglich in diesem einen Termine entschieden 
werden, doch waren mehrere Termine bisweilen nicht zu vermeiden; 
der Verlauf war immer derselbe. 
§ 46. Der Urimwalprozetz. 
Die Kriminaljustiz stand dem Könige, seit 509 den Konsuln 
und seit 366 den Prätoren zu. Der König hatte jedoch der Volks- 
qemeinde bisweilen ein Begnadigungsrecht gegen seine Erkenntnis zu¬ 
gestanden (Provokationsrecht), woraus sich im Beginn der Republik 
eine immer größere richterliche Befugnis der Volksgememde ausbildete, 
so atvar, daß diese schon früh die letzte Instanz in allen kriminalfallen 
bildete Zu den Prätoren und den Komitien kam kurz vor der Zer-
	        
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