Object: [Theil 2 = (6. Schulj.)] (Theil 2 = (6. Schulj.))

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was sie thun sollten, gingen Abgeordnete nach Wien, um Oesterreich 
zum Beistände zu bewegen; und der Erzherzog Johann, der der 
Abgott des Tiroler Volkes war, willigte in den Aufstand und versprach 
Beistand und Rettung. Unter diesen Abgeordneten, die nach Wien 
gingen, war auch der Gastwirth am Sand, Andreas Hofer, bei St. 
Bernhard im Passeyr, am 22. November 1767 geboren, aus einem 
Geschlechte, das von gutem, altem Herkommen war und bei den Land¬ 
leuten einen guten Klang hatte. Er war von hoher, herkulischer Ge¬ 
stalt und trug einen schönen schwarzen Bart, der bis an den Gürtel 
reichte; im ganzen Etschlande war er um seiner anerkannten Rechtlich¬ 
keit und Anhänglichkeit an das Althergebrachte ungemein geliebt. 
Sein Herz, das sonst ruhig fortschlug, stand in vollen Flammen, 
wenn die Rechte und die Satzungen der Väter, religiöse Gegenstände, 
oder die über alles theure heimatliche Erde geschmäht oder gelästert 
wurden. In einer Seele voll schmuckloser Einfalt und frommer Treue 
trug er eine unduldsame Vaterlandsliebe und einen hohen National¬ 
stolz; er haßte alle Feinde der Freiheit und seines Vaterlandes, und 
darum haßte er nicht bloß die Franzosen und die Baiern, sondern 
auch den Adel. 
Dieser Andreas Hofer war unter den Verschworenen zur Rettung 
seines Vaterlandes, und er kehrte von Wien zurück voll guter Hoff¬ 
nung und sagte zu seinen Brüdern: „Wohlan, man wird uns helfen!" 
Die Zahl der Verschworenen war aber schon sechshundert, und die 
ganze große Zahl hielt das Geheimniß mehrere Monate verschlossen 
in der Brust. Aber diesem Volke ist der Gesammtwille theuer und 
heilig, es stehen alle für einen und einer für alle, und darum be¬ 
wahrten sie so lange ein Geheimniß; sie hätten es Jahre lang be¬ 
wahrt. Als aber die Nacht des 9. April des Jahres 1809 gekommen 
war, verkündigten unaufhörliche Freudensalven, Sturmglocken aus den 
Thälern und von den Höhen und Wachtfeuer auf den höchsten Bergen, 
die weithin am Himmel leuchteten, die Morgenröthe der Erlösung; 
in den Wellen des Inn sah man da und dort ein Brett mit einem 
kleinen rothen Fähnlein schwimmen zum Zeichen, daß es Zeit sei, 
und Weiber und Kinder trugen Zettel umher, auf welchen die Worte 
standen: „'s ist Zeit!" Hofer war aber der Hauptmann des passeyer 
Aufstandes, er war das Haupt der ganzen Verschwörung. Und als 
der Morgen des 10. April gekommen, brachen Hofer und seine Ti¬ 
roler mit ihrem Ingrimm in der Brust hervor von allen Seiten auf 
die überraschten, erstaunten fremden Truppen; von allen Bergen rollten 
Felsstücke und Baumstämme, hinter den Felsen und Hecken und aus 
den Schluchten und Hütten pfiffen die Kugeln. Die wenigen Feinde, 
welche dem Tode entkommen waren, flohen in hastiger Eile nach 
Innsbruck und der Felsenburg Kufstein; Innsbruck wurde aber erstürmt, 
Kufstein belagert, und binnen wenigen Tagen war das Land wieder¬ 
gewonnen von der neuen Herrschaft. Viele Tausende wurden gefangen, 
und unermeßliches Heergerüth kam in die Hände der Sieger. Das 
war die glorreiche blutige Arbeit der tiroler Landleute im Frühjahr 
1809, eines Volkes, das hart ist wie seine heimatliche Erde, und fest
	        
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