Full text: E. Debes' Schul-Atlas für die Oberklassen höherer Lehranstalten

Erläuterungen zu den Klima-Karten. 
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Januar von 0,8°, einen Juli von 18,8°, folglich betlägt 
der Unterschied der beiden Monatsmittel 19,6°, weshalb 
wir die Schwankungslinie 20° dicht bei Berlin derart hin¬ 
ziehen selien, dafs die Stadt noch in den Gürtel einer 
mittleren Schwankung von über 15, aber weniger als 20° 
gehört. Auf gleiche Weise berechnet sich die mittlere 
Schwankung zwischen den Extrem-Monaten für Werkojansk: 
Januarmittel —53° 
Julimittel 14° 
Mittlere Schwankung 67°. 
Die sogenannte absolute Schwankung d. h. die Schwankung 
schlechthin, die Gröfse des Unterschieds zwischen den aller¬ 
höchsten und allerniedrigsten jemals am Orte beobachteten 
Temperaturstufen ist natürlich viel gröfser, gelangt aber 
auf vorliegender Karte nicht zum Ausdruck. Hat man 
doch in Werkojansk das Weingeist-Thermometer schon 
bis auf —67° hinabsinken sehen! 
Die Extrem-Monate, deren Mitteltemperatur zum Ent¬ 
wurf der Karte zu vergleichen war, sind auf der nörd¬ 
lichen Halbkugel meist Januar als kältester, Juli als 
wärmster Monat, auf der südlichen Halbkugel die näm¬ 
lichen, nur im umgekehrten Wärm e Verhältnis. Für den 
Gürtel zwischen den Wendekreisen kann man nicht zwei 
bestimmte Extrem-Monate angeben; hier richtet sich der 
Eintritt der heifsesten Zeit nach dem Zenithstand der 
Sonne, welcher naturgemäfs für die einzelnen Breitengrade 
ein verschiedener sein mufs. 
Am gleichmäfsigsten ist die Temperatur, am gering¬ 
fügigsten also die Wärmeschwankung der Luft über dem 
Meere, ganz besonders dort, wo die Zustrahlung der Son¬ 
nenwärme fast das ganze Jahr hindurch gleich stark ist, 
mithin in der Äquatorialgegend. So verharrt die Tem¬ 
peratur auf Singapore, der Inselstadt vor der äufsersten 
Südostspitze Asiens, ganz nahe dem Gleicher, fast stets bei 
dem Jahresmittel von 26,7°; die Durchschnittswärme des 
Januar geht nur um 1° darunter, die des wärmsten Mo¬ 
nats (hier des Mai) nur um 1° darüber. Ja selbst die 
äufsersten Wärmeausschreitungen halten sich in Singapore 
ähnlich wie in Kamerun meist zwischen 20 und 34°; 
ärgere Hitze (wie sie doch bei uns an schwülen Sommer¬ 
tagen bis gegen 40° vorkommt) wird in jenem heifsfeuch- 
ten Tropenklima trotz so viel höherem Sonnenstande ver¬ 
hindert durch die starke Durchfeuchtung der Luft, die 
letztere läfst darum (im Gegensatz zur Wüstenluft) viel 
weniger Sonnenwärme durch die Atmosphäre hindurch¬ 
dringen. Der Gürtel des „Äquatorialklimas" (mit nicht 
über 5° Schwankung) dehnt sich, wie wir sehen, auf dem 
Ozean immer breiter aus als auf dem Lande, wo er nir¬ 
gends die Wendekreise erreicht: so viel stärker erwärmt 
sich und so viel stärker erkaltet die Landfläche. 
Mehr als 5°, doch nur bis zu 15° Wärmeschwankung 
kommt fast der gesamten übrigen Seeluft (abgesehen von 
den polaren Breiten) zu, weil die Luft bei dauernder Be¬ 
rührung mit dem Meere regelmäfsig die Temperatur von 
dessen Oberfläche, nur um etwa Io verringert, annimmt, 
also die Wärmebeständigkeit des Meerwassers genau wieder¬ 
spiegelt. Nur wo die Landkälte von der bewegten Luft 
über das Küstenmeer vertragen wird, also in den höheren 
Breiten vor Nordamerikas und Asiens Ostgestade, bemer¬ 
ken wir demgemäfs auch höhere Werte der in Bede stehen¬ 
den Schwankung. Anderseits bringen Südwestwinde und 
Golfstrom milde Winterluft vom Meer über die Westsei¬ 
ten letztgenannter Festländer und benachbarte Inseln. So 
breitet sich unsere zweite Schwankungsstufe (5—15°) merk¬ 
würdiger Weise ebensowohl über tropische und subtro¬ 
pische Landräume wie über Küsten und Inseln bis gegen 
den nördlichen Polarkreis aus, greift jedoch nirgends auf 
die Ostküsten der kontinentalen Landmassen höherer Breite 
über. Bei Méjico und Kuka, Calcutta und Rio, bei Ben- 
guela wie im Umring Australiens ist es die auch zur 
Winterzeit hochstehende Sonne, was die Temperatur vor 
tieferem Absinken schützt, die Wärmeschwankung daher in 
engere Grenzen bannt, bis Alaska und Island hinauf leistet 
dasselbe der wärmende Seehauch der Winterzeit bei nie¬ 
drigerer Sonne. Der Unterschied ist (wie die Isothermen- 
Karten darthun) nur der, dafs in den niederen Breiten 
einem heifsen Sommer ein warmer Winter folgt, in den 
nordischen Westküstenländern, auf den britischen Inseln, 
sogar in Island in ebenso geringem Wärmeabstand ein 
seemäfsig kühler Sommer einem milden Winter Platz macht. 
Auch auf der Südhalbkugel ist weit über die Tropen 
hinaus küstennahes Land, mithin die ganze Südspitze Ame¬ 
rikas, diesem Gebiete des „ Küstenklimas" zugehörig. Binnen- 
wärts folgt dann in Nord und Süd der gelbbraune Raum 
des „Übergangsklimas", darauf endlich (so u. a. in Deutsch¬ 
land) derjenige des „Landklimas", welches sich zuletzt bis 
zu Schwankungshöhen von mehr denn 60° erhebt. Selbst 
an den beiden Wendekreisen treffen wir grüne Flächen 
mit „landmäfsig" hohen Wärmegegensätzen, aber nur wo 
trockene Luft die Zu- und Ausstrahlung der Wärme be¬ 
fördert, vornehmlich in der Sahara und im Kern Austra¬ 
liens. Die ärgsten Gegensätze von Sommerwärme und 
Winterkälte gewahren wir aber erst im nordwestlichen 
Amerika und im nordöstlichen Asien, je mehr die Land¬ 
masse vom mäfsigenden Einflufs der Seewinde abgesperrt 
liegt. Noch die Gruppe der canadischen Seeen bewirkt 
durch ihr im Sommer kühler, im Winter wärmer als die 
Umgebung bleibendes Gewässer Abwehr der Schwankung 
über 30°. Dahinter jedoch beginnt wie am Ob und Amur 
das „excessive Landklima". Hier ist es vornehmlich die
	        
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