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„Was den Rheinfall bei Schaffhausen vor vielen andern ähnlichen
Erscheinungen auszeichnet, ist weniger die Höhe des Sturzes, als
die Gewalt der Wassermassen. Und diese erscheinen nicht als ein
einziger, glatter, kompakter Körper, wie bei mehreren berühmten
schweizerischen Fällen, sondern in reichster Gliederung und viel¬
gestaltiger Verteilung. Wäre das Gerüste des Falles eine einzige
senkrechte oder überhängende, relativ glatte Felswand, so würde
das Phänomen nicht wesentlich verschieden sein von den Er¬
scheinungen, die wir bei Schleusenwerken selbst an kleinen Ge¬
wässern wahrnehmen, nur ins Große übersetzt; es wäre, millionen-
Der Rheinfall bei Schaffhausen.
fach vergrößert, fast der nämliche Anblick, den das ausfließende
Wasser einer flachgedrückten Brunnenröhre darbietet: von oben bis
unter die Mitte eine glatte, glänzende, dunkle, aber von wechselnden
glänzenden Streifen durchsetzte, schwach gebogene Masse, unten
allmählich sich teilend und lockernd und, infolge Vermischung mit
Luft, sich weiß färbend. Der Anblick des Rheinfalls hat, von der
Größe ganz abgesehen, einen wesentlich andern Charakter. Es
ist keine senkrechte, sondern eine in seichtem Bogen ansteigende
und in Teilen zerrissene, mit Absätzen, Kanten, aufragenden
Spitzen und Kuppen versehene Felswand. Die vier mächtig aus