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Die Landschaft in Italien.
Insel- und Schärengürtel, welcher die Westküste umgibt,
und die Szenerie wechselt von da ab wie auf dem Mälar-
see fast jeden Augenblick; bei Terö wird die Straße so
schmal, daß kaum zwei Schiffe sie auf einmal durchfahren
können. Man meint fast, zwischen den Felsmauern ge-
fangen zn werden. Da erschließt sich plötzlich der weite
Björnefjord. Links hat man die große Insel Tysnaes,
rechts das von vielen Buchten zerschnittene Hauptland, vor
sich einen Schwärm kleinerer und größerer Felseilande,
zwischen deren äußersten für kurze Zeit das offene Meer
sich zeigt. Im Abendglanz eines schönen Sommertages
war das ein bezauberndes Schauspiel, das unaufhörlich
neuen Reiz bot. Die Sonne näherte sich eben dein Meeres^
spiegel im Westen, als wir zwischen jene Inseln gerieten.
Fluten von Gold glitzerten über den Sund dahin, wäh-
rend die Umrisse der Felsen mit ihrem leichten Birken
gezweig wie Traumgeftalten eines Märchens an uns
vorüberflogen. Dann glühten Meer, Inseln und Berge
im Purpurstrahl des Sonnenuntergangs, zuletzt die Ftr
nen des Folgefonds. Die zauberhafte Beleuchtung dauerte
nicht so lange wie ein paar Monate früher in der Bucht
von Reikjavik, doch dafür umgab nns allenthalben noch
reges, fröhliches Leben. Schiffe kamen und gingen durch
das Gewirre von Buchten, Inseln und Felsen, — und als
das Boot endlich rastete, da ragten die altersgrauen
Türme von Bergen ans einem Wald von Masten vor uns
auf. Bergen gehört noch mit zu dem wunderherrlichen
Fjord; es ist seine Hauptstadt, der Hardanger aber die
Campagna dieses nordischen Neapels.
6. Die Landschaft in Italien.
V>ictor Hehn: Italien; Ansichten und Streiflichter. 5. Auflage.
Berlin 1896, Gebr. Borntraeger. S. 40—48. (Gekürzt.)
Kommt man von den Alpen und folgt der in man-
cherlei Teilungen und Verzweigungen, Knoten und Aus-