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Umsonst! des Sultans Wut und Dräu'n
Nimmt überhand, die Heiden dringen ein.
Der Ritter läßt sein Schwert vergebens blitzen,
Noch hält ihm Rezia den Arm. Ihr ängstlich Schrei'n
Durchbohrt sein Herz. Was bleibt ihm, sie zu schützen,
Noch übrig als sein Horn von Elfenbein?
Er setzt es an den Mund und zwingt mit sanftem Hauche
Den schönsten Ton aus seinem krummen Bauche.
Auf einmal fällt der hochgezückte Stahl
Aus jeder Faust; in raschem Taumel schlingen
Der Emirn Hände sich zu tänzerischen Ringen;
Ein lautes Hussa schallt bacchantisch durch den Saal,
Und jung und alt, was Füße hat, muß springen;
Des Hornes Kraft läßt ihnen keine Wahl:
Nur Rezia, bestürzt, dies Wunderwerk zu sehen,
Bestürzt und froh zugleich, bleibt neben Hüon stehen.
Der ganze Diwan dreht im Kreis
Sich schwindelnd um; die alten Bassen schnalzen
Den Takt dazu, und wie auf glattem Eis
Sieht man den Imam selbst mit einem Sklaven walzen.
Noch Stand noch Alter wird gespart;
Sogar der Sultan kann der Lust sich nicht erwehren,
Faßt seinen Grvßwesir beim Bart
Und will den alten Mann noch einen Bockssprung lehren.
Die nie erhörte Schwärmerei
Lockt bald aus jedem Vorgemache
Der Kämmerlinge Schar herbei,
Sodann das Frauenvolk und endlich gar die Wache;
Sie all ergreift die lust'ge Raserei;
Der Zaubertaumel setzt den ganzen Harem frei;
Die Gärtner selbst in ihren bunten Schürzen
Sieht man sich in den Reih'n mit jungen Nymphen stürzen.
Als eine, die kaum ihren Augen glaubt,
Steht Rezia, des Atems fast beraubt.
Welch Wunder! ruft sie aus, und just in dem Momente,
Wo nichts als dies uns beide retten könnte!
Ein guter Genius ist mit uns, Königin,
Versetzt der Held. Indem kommt durch die Haufen
Der Tanzenden sein treuer Scherasmin
Mit Fatmen gegen sie gelaufen.
Kommt, keucht er, lieber Herr! Wir haben keine Zeit,
Dem Tanzen zuzusehn, die Pferde stehn bereit,