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zweifacher Hinsicht war allerdings der Religionsfriede unvoll¬
kommen: er erstreckte sich nicht mit auf die Reformierten und zum
auderu enthielt er die Bestimmung, daß der Übertritt geistlicher
Stände, z. B. der Bischöfe, nur für ihre Person gelten solle,
auf den Besitz ihres Landes hätten sie dabei zu verzichten („geist¬
licher Vorbehalt"). Doch die Glaubens- und Gewissensfreiheit war
proklamiert. Die Reformation konnte auf ihrem Siegeszuge weiter
fortschreiten, so daß sie um das Jahr 1570 in Deutschland der
äußeren Ausdehnung nach ihren Höhepunkt erreicht hatte; ungefähr
9/io Deutschlands waren damals protestantisch. Aber schon arbeitete
ja der Jesuitenorden mit Erfolg an der Unterdrückung des Pro¬
testantismus. Noch einmal mußte er deshalb in einem 30 jährigen
erbitterten Ringen sich seine Daseinsberechtigung erkämpfen.
Karl V. überließ, seitdem er vor Moritz hatte weichen müssen,
die Leitung der deutschen Angelegenheiten vorzugsweise seinem
Bruder Ferdinand. Er gewann die Überzeugung, daß das sich
selbst gesteckte Ziel, die Einheit der christlichen Kirche wieder her¬
zustellen und in Deutschland seine Weltherrschaft zu befestigen,
unerreichbar sei; darum überkam ihn das Gefühl, daß er unter¬
legen sei. Infolgedessen trat er von der Weltbühne ab. Nachdem
er noch durch Vermählung seines Sohnes mit einer Tochter Hein¬
richs VIII. von England eine Vereinigung Englands mit Spanien
und den Niederlanden zu einer katholischen Großmacht in die
Wege zu leiten versucht hatte, gab er Spanien und die Niederlande
an seinen Sohn Philipp und überließ die Kaiserkrone seinem Bruder
Ferdinand. Dann zog er sich 1556 in das spanische Kloster San
de Vuste zurück, wo er zwei Jahre später gestorben ist. — Daß
sich die römische Kirche in Deutschland behauptete, war fein Werk,
und darum ist seine Regierung für die weitere Entwicklung der
deutschen Geschichte bestimmend gewesen.
b) In Frankreich.
Schlimmer als in Deutschland wütete der Glaubenskampf in
Frankreich. Dort hatte unter deutschen und schweizerischen ,Ein¬
flüssen die resormatorische Bewegung schon zu Luthers Lebzeiten
Eingang gesunden. König Franz I., der gegen Karl V. erbitterte
Kriege führte, war in kirchlichen Dingen gleichgültig, wandte sich
aber aus politischen Gründen der katholischen Partei zu, so daß
schon zu feiner Zeit die Protestanten hart verfolgt wurden. Im
Jahre 1535 wurden in Paris zahlreiche Todesurteile vollstreckt.
Darauf schritt man auch gegen die Waldenser in der Provence