Object: Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden (Teil 3)

zusammenwohnenden Stämme der Germanen zu V ö l k e r n. In 
der heutigen Rheinprovinz, am Mittel- und Niederrhein, treten die 
Franken, d. H. die Freien, auf; in den Gegenden der Ems, 
Weser und Elbe erscheinen die nach ihrem kurzen Schwerte „Sachs" be¬ 
nannten Sachsen, und am Oberrhein stoßen wir auf die Ale¬ 
mannen, d. H. alle Männer, nach denen die Franzosen uns noch 
Allemands nennen. An der Donau endlich tritt später das nach 
seinen Vorfahren in Bojohemum (Böhmen) benannte Volk der 
Bajuwaren oder Bayern kraftbewußt hervor. Jenseits der Elbe 
hausten germanische Reitervölker; die bedeutendsten von ihnen 
waren die Goten, deren Wohn- und Weidegebiet südlich bis an 
das Schwarze Meer reichte. 
Das Wachstum der seßhaften Bevölkerung rief bei den Germanen 
im Laufe der Zeit einen steigenden Mangel an Ackerland her¬ 
vor. Diese „Landnot" trieb sie in immer größeren Massen von der 
heimischen Scholle, und immer neue Scharen brachen mit Weib und 
Kind, mit Karren und Vieh, Sippe an Sippe, über die Grenzen des 
römischen Reiches: die Zeit war gekommen, daß die H e r r s ch a f t 
ganz an die Germanen überging?) 
§ 2. Die Hunnen. Einen mächtigen Anstoß erhielt die Be¬ 
wegung der germanischen Völker durch den Einbruch der Hunnen 
in Europa. Sie waren ein wildes Reitervolk und kamen aus dem 
Innern Asiens. Ihr Auftreten brachte Entsetzen über die Menschen. 
„Mit ihrem gedrungenen, festen Gliederbau und starken Nacken", so 
schildert sie ein Zeitgenosse, „gleichen sie roh behauenen Holzfiguren, 
wie man sie an Brückengeländern sieht, und bei ihrem ungeheuerlichen 
Aussehen möchte man sie für wilde Tiere halten. Ihre Lebensart 
ist wild und rauh. Bei der Zubereitung ihrer Speisen gebrauchen sie 
weder Feuer noch Gewürz. Sie leben von den Wurzeln wildwachsen¬ 
der Pflanzen und von dem halbrohen Fleische aller möglichen Tiere, 
das sie auf dem Rücken der Pferde mürbe reiten. An ihre häßlichen, 
aber ausdauernden Pferde sind sie wie angewachsen; Tag und Nacht 
leben sie auf ihnen. Dort kaufen und verkaufen sie, dort essen und 
trinken, dort schlafen und träumen sie, indem sie sich vornüber auf 
den Hals des Rosses beugen. Ohne feste Wohnsitze, ohne Obdach, 
ohne Gesetz und Recht schweifen fie mit ihren Karren, die mit Fellen 
überzogen sind, umher. Die Karren sind die Wohnungen ihrer 
schmutzigen Weiber; dort weben die Weiber die groben Kleider, dort 
ziehen sie die Kinder auf, bis fie erwachsen find.“2) 
1) Gedichte: Lingg, „Die Einwanderung der Germanen" und „Heer¬ 
bannlied." 
2) Gedichte: Weber, „Die Hunnen." Börries von Münchhausen, 
„Hunnenzug."
	        
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