ioo n Hauptkh. Neuere Gesch. I Blich.
gefehlt, daß sie alle ^ wie in den ersten Gemeinen,
die Bibel, auch wohl in Sprachen übersetzt, wcl-
che sie verstanden, hatten lesen können: so fehlte
es nicht allein an solchen Ueberserzungen; es
wurde auch endlich für keine Pflicht der Christen
mehv gehalten, sich selbst aus der heiligen
Schrift zu unterrichten. Selbst die Lehrer
der Religion lasen und erklärten sie selten, auch
mit sehr weniger Geschicklichkeit. Was ansehn¬
liche Männer unter ihnen gelehrt, gebilligt und
empfohlen hatten, das galt nunmehr in Reli-
gionssachen eben so viel, und noch mehr, als die
klaren Aussprüche der heiligen Schrift: und nach»
dem diese also durch menschliches Ansehen und
andere schon beschriebene llrsachen ihren Werth
verloren hatte, war es leicht, in das Christen-
thum Lehrsätze zu bringen, Oie zu demselben
gar nicht gehörten. So war es einigen christ¬
lichen Lehrern gegen das Jahr 4^0 eingefallen,
mit einigen heidnischen Philosophen der Griechen
zu behaupten, daß Gott die Seelen der bessern
Menschen für manche geringere Sünden, auch
nach dem Tode, in einem gewissen Feuer so
lange büßen lasse, bis sie, durch dasselbe hinge-
länglich gereinigt, zur völligen Seligkeit gelan¬
gen könnten. Obgleich nun die heilige Schrift
nicht das Geringste davon sagt: so bekam doch
Fegefeuer, diese Meynung, unter dem Namen des Fege-oder
Reinigern gssiuers, gegen das Jahr 620 schon
sehr großen Deyfall unter den Christen. Man
glaubte bald, daß Seelen, welche in diesem Feuer
gequält